Inhalt
Thema: Das Buch der Loblieder
Die Psalmen sind eine Sammlung von 150 geistlichen Liedern und Gebeten des Volkes Israel. Sie waren fester Bestandteil des Gottesdienstes in der Stiftshütte und im Tempel. In den Überschriften sind darum oft Anweisungen über den Gebrauch der Psalmen angegeben.
Der Titel „Psalmen“ ist von dem griechischen Begriff „psalmoi“ abgeleitet und bedeutet „eine Sammlung von Liedern zum Saitenspiel“.
Der hebräische Titel „tehillim“ bedeutet „Loblieder“, „Lobgesänge“.
Die Psalmen wurden oft mit dem Psalter (einem Seiten-Musikinstrument) begleitet, daher leitet sich der früher gebrauchte Begriff „Die Psalter“ ab.
Abfassung
Insgesamt 100 Psalmen nennen in der Überschrift den Namen ihres Verfassers. Versuche, bei den übrigen Psalmen von dem Inhalt auf den Autor zu schließen, bringen keine sicheren Ergebnisse. Zu den bekannten Verfassern gehören:
- Mose: Psalm 90 wurde von Mose geschrieben.
- David: Von David stammen mindestens 73 Psalmen. Er sang nicht nur selber, sondern förderte ebenso eifrig das Singen (1. Chronik 15,16). Er war ein Gottesmann mit vielen Erfahrungen im Auf und Ab des Lebens und ein Mann nach dem Herzen Gottes, was ihn besonders zur Abfassung der Psalmen befähigte.
- Salomo: Psalm 72 und 127 stammen von Salomo. Seine poetischen Fähigkeiten werden außerdem in den Büchern Sprüche, Prediger und Hoheslied deutlich.
- Leviten: Die Leviten hatten sowohl für den Unterhalt des Tempels als auch für den Gesang zu sorgen. In 1. Chronik 23,5 werden 4000 Leviten als Sänger eingesetzt. In der Regel dienten später 288 Sänger, die in 24 Gruppen von jeweils 12 Personen eingeteilt waren. Zu den Psalmdichtern aus den Leviten gehörten:
- Asaf: Psalm 50; 73-83
- Die Söhne Korahs: Psalm 42; 44-49; 84; 85; 87
- Heman: Psalm 88
- Etan (Jedutun): Psalm 39, 62, 77, 89
Die Abfassungszeit der meisten Psalmen kann nicht mehr bestimmt werden. Doch der größte Teil von ihnen mag in den vier Jahrhunderten zwischen David und Hesekiel entstanden sein.
Zweck
- Die Psalmen dienten dem Volk Israel als Liederbuch bei ihren Gottesdiensten und Festen.
- Sie sind ein Lobpreis der Allmacht und Gnade Gottes.
- Sie geben Einblick in die inneren Empfindungen des Menschen, in seine Sehnsucht nach Gott und in die Höhen und Tiefen seines Glaubenslebens.
Einteilung
Die Psalmen werden heute gewöhnlich - ebenso wie im jüdischen Talmud - in fünf Bücher unterteilt. Jedes Buch schließt mit einem Lobpreis Gottes.
- Buch 1: Psalm 1-41
- Buch 2: Psalm 42 - 72
- Buch 3: Psalm 73 - 89
- Buch 4: Psalm 90 - 106
- Buch 5: Psalm 107 - 150
Die Themen der Psalmen
Die Psalmen können in Themengebiete eingeteilt werde, gemäß ihrem Inhalt und der Situation, in der sie geschrieben wurden. Abweichend davon kommen oft mehrere der folgenden Themen in einem Psalm vor. Es lassen sich auch nicht alle Psalmen in diese Gruppierungen einordnen.
- Klagelieder:
- Loblieder:
- Königslieder: Psalm 92-100, 110
- Dank- und Vertrauenslieder:
- des Einzelnen: Psalm 30, 116
- des Volkes: Psalm 65, 107
- Die Wallfahrts- und Zionslieder: Psalm 46, 48, 76, 84, 87, 120-134
- Die Schöpfungslieder: Psalm 8, 19, 29,33
- Die Geschichtspsalmen: Psalm 78, 105, 106
- Die Weisheitspsalmen: Psalm 1,119
- Die Rachepsalmen: Psalm 7, 35, 55, 58, 69, 79, 83, 137
- Bußpsalmen: Psalm 6, 32, 38, 51, 102, 130, 143
- Prophetische Psalmen: Psalm 2, 16, 22, 40, 45, 68, 69, 72, 110, 118
- Messianische Psalmen: Psalm 16, 22, 24, 40, 45, 68, 69, 118
- Morgenpsalmen: Psalm 3 ,5, 19, 57, 63, 108, 143
- Abendpsalm: Psalm 4
Die hebräische Dichtkunst
Im Alten Testament gibt es fünf Bücher, die überwiegend Dichtung enthalten: Hiob, Psalmen, Sprüche, Prediger und Hoheslied. Sie werden deshalb auch als die „poetischen Bücher“ bezeichnet. Darüber hinaus gibt es auch Dichtung an anderen Stellen im Alten Testament. In 2. Mose 15 finden wir z.B. das Lied des Mose nach dem Durchzug durch das Rote Meer und in Richter 5 das Siegeslied von Debora und Barak.
Dichtung hat ihre besonderen Formen und Gesetzmäßigkeiten. Dabei sind folgende Arten besonders zu beachten:
Die Bildersprache
Die hebräische Poesie lebt sehr stark von Bildern. In der Prosa sind alle Aussagen gewöhnlich wörtlich zu verstehen, während in der Poesie oft bildhafte Darstellungen gebraucht werden. Ein solches Bild muss gedeutet werden. Eine wortwörtliche Auslegung würde den Sinn nicht treffen.
Solche Sprachbilder werden gebraucht:
- um Aufmerksamkeit zu erwecken
- um Unbekanntes durch Bekanntes zu erklären
- um das Verständnis und die Einsicht zu erhöhen
Beispiele:
- Psalm 1,3 Der ist wie ein Baum . . .
- Psalm 23,1 Der Herr ist mein Hirte.
- Psalm 35,10 Alle meine Gebeine werden sagen: Herr, wer ist wie du!
- Psalm 42,2 Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.
- Psalm 52,6 Du hast alle Worte des Verderbens geliebt, du betrügerische Zunge.
- Psalm 80,9 Du hast einen Weinstock (Israel) aus Ägypten geholt.
- Psalm 114,5-7 Was war mit dir, Meer, dass du flohst?
- Psalm 116,3 Stricke des Todes hatten mich umfangen . . .
Der Parallelismus
In der hebräischen Dichtkunst spielt der Reim der Gedanken (Gedankenrhythmus) eine größere Rolle als der Reim der Worte (Klangrhythmus). Während wir mehr auf den Reim der Worte achten, achtet der Jude mehr auf den Reim der Gedanken. In der orientalischen Mentalität ist der gedankliche Inhalt wichtiger als der Klang.
Der Parallelismus stellt eine solche Form der hebräischen Dichtkunst dar. Bei dieser Art der Dichtung findet die erste Zeile eines Verses eine Wiederholung oder eine gegenteilige Aussage in der zweiten Zeile. Neben einem solchen Zweizeiler gibt es auch Drei-, Vier oder Fünfzeiler.
Diese Dichtkunst fordert den Leser zum genaueren Denken heraus und verliert selbst bei der Übersetzung wenig an Wirkung.
Beispiele:
- Psalm 1,6 Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.
- Psalm 19,2 Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.
- Psalm 19,8 Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt die Seele. Das Zeugnis des Herrn ist gewiss und macht die Unverständigen weise.
- Psalm 20,8 Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse; wir aber denken an den Namen des Herrn, unseres Gottes.
- Psalm 114,6 Ihr Berge, dass ihr hüpfet wie die Lämmer, ihr Hügel, wie die jungen Schafe.
Hinweise auf Jesus Christus
Die Psalmen enthalten besonders viele Hinweise auf Jesus Christus. Im Neuen Testament werden das Buch Jesaja und die Psalmen besonders oft zitiert.
Bei Vorträgen am „Dallas Theological Seminary“ hat Dr. Charles Feinberg folgende Stellen aus den Psalmen mit Hinweisen auf Jesus Christus vorgelegt:
Stelle in den Psalmen | Stelle im Neuen Testament | Prophezeiung über Christus |
Ps 40,7-9 | Heb 10,5-9 | Ziel seines Kommens und sein Gehorsam |
Ps 2,7 | Heb 1,5; 5,5; Apg 13,33 | Seine Sohnschaft |
Ps 45,7-8 | Heb 1,8-9 | Seine Gottheit und seine Menschheit |
Ps 102,26-28 | Heb 1,10-12, 13,8 | Seine schöpferische Tätigkeit, Unwandelbarkeit und Ewigkeit |
Ps 89,5.30.37 | Apg 2,30 | (indirekt) Seine menschliche Abstammung |
Ps 22,23 | Heb 2,12 | Sein Zeugnis für Gott |
Ps 69,10 | Joh 1,12; Röm 15,3 | Sein Eifer um Gottes Haus |
Ps 110,1.4 | Apg 2,34-36; 1. Kor 15,25 Hebr 5,6; 7,17.21 | Sein ewiges König- und Priestertum |
Ps 110,5-6 | Offb (kein direktes Zitat) | Seine Siege |
Ps 8,3 | Mt 21,16 | Sein jauchzender Beifall von Kindern |
Ps 2,12 | Apg 4,25-26 | Seine Ablehnung von Königen und Fürsten |
Ps 41,10 | Joh 13,18; Apg 1,16 | Sein Verrat |
Ps 22,1-21 | Seine Kreuzigung und sein Tod | |
Ps 22,2 | Mt 22,46 | Sein Schrei zu Gott |
Ps 22,19 | Joh 19,24; Mt 27,35 | Das Verteilen seiner Kleiderq |
Ps 22,16 | Joh 19,28 | Sein Durst |
Ps 22,7-8 | Seine Verachtung von den Menschen | |
Ps 69,22 | Mt 27,34.48 | Ihm wurden Galle und Essig geboten |
Ps 34,21 | Joh 19,36; 2. Mo 12,46 | Seine Knochen wurden nicht gebrochen |
Ps 16,10 | Apg 2,27 | Seine Auferstehung |
Ps 68,19 | Eph 4,8-10 | Seine Himmelfahrt |
Ps 110,1 | Apg 2,34-36 | Seine Erhöhung zur Rechten Gottes |
Ps 50,3-6 | Seine Wiederkunft und sein Gericht | |
Ps 72 | Seine allumfassende Herrschaft und Erhöhung über irdische Herrscher |
Besonderheiten
- Die Psalmen gehören zu den bekanntesten Büchern des Alten Testaments. Alle Generationen und alle Völker finden sich darin wieder.
- Die Psalmen bestätigen viele geschichtliche Ereignisse aus dem Alten Testament.
- Die Psalmen sprechen nicht so sehr den Verstand an, sie sind vielmehr eine Sprache des Herzens und geben Einblick in die Empfindungen des Menschen. Die Dichter möchten nicht nur Informationen weitergeben, sondern benutzen ausgewählte Bilder, um der biblischen Wahrheit Ausdruck zu verleihen.