Die 7 Sendschreiben  (Offenbarung 2 und 3)

  • Auslegungsschlüssel: Off 1,19:
    • „was du gesehen hast“ (Kap. 1)
    • „was ist“ (Kap. 2+3)
    • „was geschehen wird danach“ (Kap. 4ff; vgl. 4,1 = die Gerichte Gottes nach der Entrückung der Gemeinde)
  • Off 2+3: „was ist“ ⇒ die gegenwärtige Zeit der christlichen Kirche / Gemeinde als Zeugnis Gottes auf der Erde
  • Die Reihenfolge der 7 Sendschreiben entspricht der Reihenfolge im Verlauf der Kirchengeschicht. Wie viele Möglichkeiten gäbe es, um die 7 Sendschreiben falsch anzuordnen? Antwort: 5039! ⇒ 7! = 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x 7 = 5040 ⇒ 5039 falsche Möglichkeiten
  • Die Anordnung Ephesus – Laodizäa entspricht einer Rundreise in der Provinz Asia.
  • In jedem Sendschreiben zeigt der Herr Jesus am Anfang etwas von seiner Herrlichkeit, entsprechend dem Inhalt des betreffenden Sendschreibens.
  • Der Herr Jesus erwähnt immer zuerst das Gute, erst danach kommt die Ermahnung. 
  • Nur 2 Sendschreiben enthalten keine Ermahnung: Smyrna, die leidende Gemeinde, und Philadelphia, die treu am Herrn und an seinem Wort festhaltende Gemeinde 
  • 7x Verheissungen an die Überwinder (2,7.11.17.29; 3,6.13.21)
  • Wer sind die Überwinder? ⇒ 1Joh 5,4-5: „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, welcher glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ ⇒ die wahrhaft Wiedergeborenen!
  • 7x „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Off 2,7.11.17.29; 3,6.13.22)
  • „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ In den Sendschreiben 1-3 an alle gerichtet, in den Sendschreiben 4-7 nur noch an die Überwinder!
  • „der Engel der Gemeinde“: Engel = griech. angelos = Bote, Gesandter ⇒ der in Besonderheit verantwortliche Teil der Gemeinde; Gegensatz: „die Übrigen“ (2,24)
 

1. Ephesus: Die Erste Liebe verlassen

  • Ephesus (= „die Begehrte“): bedeutender Seehafen, Standort des grossen Artemistempels (= eines der 7 Weltwunder); ausgedehnte Missionsarbeit und Gemeindegründung durch Paulus mit Bedeutung für die ganze Provinz Asia (Apg 19):
    52-55 n. Chr.
  • ⇒ Die Gemeinde am Ende der apostolischen Zeit (um 95 n. Chr.; der letzte Apostel, Johannes, starb um 100 n. Chr.) 
  • 2,2-4: Vieles ist äusserlich zwar noch richtig, aber die erste Liebe ist verloren gegangen. Der HERR gibt sich nicht mit weniger zufrieden. ⇒ 2,5: Androhung: Der Leuchter wird aus seiner Stelle weggerückt, wenn Ephesus nicht Busse tut. (Hinweis auf den Tempeldienst in Jerusalem: Wenn der goldene siebenarmige Leuchter im Heiligtum rituell unrein wurde, so wurde er entfernt und durch einen Ersatzleuchter ausgewechselt.)
  • 2,6: Hass auf die Werke der Nikolaiten; Nikolaiten waren eine Gruppe von Gnostikern (vgl. 1. Tim 6,20; Kenntnis = griech. gnosis); Nikolaiten = „Volksbeherrscher“ ⇒ Problem des Klerikalismus
  • 2,7: Lohn der Überwinder: essen vom Baum des Lebens im himmlischen Paradies (2,7) ⇒ Spr 3,18 (Weisheit); 11,30 (Gerechtigkeit); 13,12 (erfüllter Wunsch); 15,12 (heilsame Zunge); Î Hinweis auf den Herrn Jesus, der das ewige Leben in Person ist (Joh 14,6; 1. Joh 5,20).

2. Smyrna: Verfolgung

  • Smyrna: = „Myrrhe“ (= Symbol der bitteren Leiden zu Gottes Ehre); heute = Izmir; 55 km nördlich von Ephesus; grosse und reiche Hafenstadt; „die Herrlichkeit Asiens“ genannt, wegen wohldurchdachten Stadtplanung, wegen der schönen Tempel, und des idealen Hafens; starke jüdische Gemeinde (2,9
  • 2,10: 10 Tage Drangsal (wohl wegen Verweigerung des Kaiserkultes unter Domitian) ⇒ Es gab 10 grosse Christenverfolgungen in der Zeit des Römischen Reiches: Nero (65) bis Diokletian (311)
  • 2,10: Lohn der Überwinder: Krone / Siegeskranz des Lebens (2,10; vgl. Jak 1,12; vgl. Siegeskranz der Gerechtigkeit: 2Tim 4,8; Siegeskranz der Herrlichkeit: 1. Petr 5,4; 1. Kor 9,25: unvergänglicher Siegeskranz; 1. Thess 2,19)
  • 2,10: „Der zweite Tod“ = ewige Verdammnis (Off 20,11-15; 21,8)

3. Pergamus: Einer gegen alle

  • Pergamus (= „Hochburg“); Universität mit 200'000 Büchern; moralisch verdorbene Stadt; ein Zentrum des Götzendienstes (Zeus, Athene, Dionysios, Askulap und Kaiserkult); vgl. den Pergamon-Altar im Pergamon-Museum Berlin; Zentrum des Kaiserkultes (Augustus-Tempel, 29 v. Chr.) Î 2,13: „Thron des Satans“ (vgl. Luk 4,5: alle Reiche der oikoumene = Römisches Reich; 1Kor 10,19-20); „wohnst“ ⇒ Off 3,10; 6,10; 8,13; 11,10.10; 13.8.12.14.14; 17,2.8; vgl. Phil 3,20!
  • Zeit ab der Konstantinischen Wende 313: Christentum erlaubt; Christentum = Staatsreligion; Vermischung von Staat und Kirche (vgl. 2,13: „Ich weiss, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist“)
  • ⇒ Die grossen Christologischen Kämpfe (vgl. R. Liebi: Wer ist ein Gott wie Du? Skript und Kassette, CLKV). Ein treues Zeugnis der Wahrheit über die Person des Herrn Jesus verhinderten, dass die Christenheit einen „anderen Jesus“ (2. Kor 11,2) annahm. Athanasius (295-373) verteidigte mit Scharfsinn, mit praktischseelsorgerlichen Gedanken und mit Löwenmut die Gottheit Jesu Christi. Vgl. 2,13: „Du hältst fest an meinem Namen“; 2,13: „Antipas [einer gegen alle], mein treue Zeuge…“
  • 2,14: „ein weniges wider dich“ = etwas, das in Kürze dargelegt werden kann!
  • 2,14: „Lehre Bileams“ (vgl. „Irrtum Bileams“ [Jud 11]; „Weg Bileams“ [2. Petr 2,15]; Götzenopfer, Hurerei Î Nach 313 wurde die Kirche verweltlicht. Heiligenverehrung, Reliquenverehrung etc. überschwemmten die Kirche.
  • Entwicklung: „Werke der Nikolaiten“ (2,6) ⇒ „Lehre der Nikolaiten“ (2,15); der Weg von der falschen Praxis zum falschen Dogma! Nikolaiten waren eine Gruppe von Gnostikern (vgl. 1Tim 6,20; Kenntnis = griech. gnosis)
  • 2,17: „verborgenes Manna“ = Manna im goldenen Krug, in der Bundeslade (2. Mo 16,33; Heb 9,4); 2Mo 16,15: „Man hu?“ = Was ist das? ⇒Manna; ⇒ Christus, das Brot vom Himmel (Joh 6)
  • 2,17: „weisser Stein“; griech. psephos = Stimmstein ⇒ richterliche Unschuldserklärung (vgl. Rechtfertigung in Röm 5,1); Antike: weisser Stein mit Namen: persönliche Einladung eines geehrten Gastes

4. Thyatira: Die unbefleckte Verführerin

  • Thyatira (= „verderbter Opfergeruch“); bekannt für die Herstellung der Pupurfarbe (Apg 16,14; ⇒ Off 17,4); ein Zentrum der Apollo- (Sohn des Zeus; vgl. 2,18) und der Artemis-Verehrung (= Göttermutter; vgl. Marienkult) 
  • Die Papst-Kirche von Rom ab 440 n. Chr.
  • 2,20: Jesabel = die Unberührte / Unbefleckte; vgl. Jesabel, die Frau Ahabs (1. Kö 16,31ff); Kinder Jesabels: Ahasja (1. Kö 22,40), Joram (2Kön 1,17), Athalja (2. Kö 8,26; Enkelin Omris)
  • 2,20: Falsche Prophetin und unrechtmässige Lehrerin mit angemasster Autorität (vgl. 1. Tim 2,12); lehrt und verführt ⇒ um 430 n. Chr.: Leo I. erhebt sich als Pabst über alle Bischöfe der Welt = Geburt der Papst-Kirche 
  • 2,20: Götzenopfer und Hurerei: Messe = tägliche Vergottung von Brot und Wein; Anbetung von Brot; Reliquienkult, Heiligenverehrung, Marienverehrung; = Götzendienst
  • 2,21: „Ich gab ihr Zeit, damit sie Busse täte, und sie will nicht Buss tun“; 440 – 1517
  • Parallele zur Hure Babylon in Off 17-18
  • Aufruf zur Trennung: Off 18,4
  • 2,24: Die übrigen in Thyatira, die diese Lehre nicht haben Î Waldenser, Bewegung von Johannes Hus; Bewegung von Wycliff etc. 
  • 2,26-27: Lohn der wahren Gläubigen: Herrschaft mit Christus in der Zukunft (vgl. Ps 2,8); die Kath. Kirche wollte schon in der Gegenwart herrschen!
  • 2,28: Der Morgenstern ⇒ Christus, der vor dem Aufgang der Sonne (Mal 4,2) für die Gemeinde zur Entrückung erscheint (2. Petr 1,19; Off 22,16)

5. Sardes: Ermahnung an die Entronnenen

  • Sardes; bekannt für Textil- und Juwelenhandel; heute: Sart 
  • ⇒ Die Reformation ab 1517
  • 3,1: Sardes hat den Namen, dass sie lebt, ist aber tot; der Sterbensprozess geht weiter, sollte aber gestoppt werden Î Der gute Ruf des Evangeliums, doch die von Gott bewirkte Erweckungsbewegung verfiel in totes Bekennertum von  amenschristen und verfiel schliesslich der liberalen Theologie.
  • 3,2: Die Werke gelten vor Gott als unvollständig. ⇒ Die Reformation hätte weiter gehen sollen!
  • 3,3: Sardes soll gedenken, wie sie empfangen und gehört hat. ⇒ Reichtum der reformatorischen Entdeckungen: sola scriptura; sola fide; sola gratia, solus Jesus Christus. Sardes soll Busse tun.
  • 3,4: Die treuen Überwinder, die ihre priesterlichen Kleider nicht besudelt haben Belohnung: priesterliche Kleider (Anspielung auf die Priesterprüfung in der Quaderhalle des Tempels in Jerusalem)

6. Philadelphia: Liebe zum Herrn und zu seinem Wort

  • Philadelphia (= „Bruderliebe“; vgl. Heb 13,1); heute: moderne Stadt Alasehir 
  • ⇒ Die Erweckungsbewegung im 18. und 19. Jh. (Freikirchen)
  • 3,7: Der Herr Jesus: Der Heilige, der Wahrhaftige, der Besitzer von Davids Schlüsselgewalt (Jes 22,22)
  • 3,8: Die geöffnete Tür, nicht mehr verschliessbar Î Weltmission an 18. Jh. bis zur Entrückung
  • 3,8: Die „kleine Kraft“ (Anspielung auf „die kleine Hilfe“ in Dan 11,34; vgl. LXX!)
  • 3,8-10: Treue zeigt sich in: „mein Wort bewahrt“, „meinen Namen nicht verleugnet“, „das Wort meines Ausharrens bewahrt“ 
  • 3,11: Verheissung der Vorentrückung; tereo ek = immer: bewahren vor, vgl. Joh 17,15; nicht Bewahren vor der Versuchung, sondern vor der Stunde der Versuchung

7. Laodizäa: Die selbstgefällige Gemeinde

  • Laodizäa (= „die Volksgerechte“ = die, die allen Recht gibt, die es allen recht macht); Stadt ohne ausreichende Wasserquellen; Wasser einer heissen und einer kalten Quelle wurde über Aquädukte nach Laodizäa geführt, als es dort ankam, war beides eklig lauwarm (vgl. 3,15); bekannt für Bankenwesen und Handel (vgl. 3,17-18); grossartige Bekleidungsindustrie mit berühmten glänzenden schwarzen Wollgewändern (vgl. 3,18), Zentrum der Augenheilkunde (vgl. 3,18); 60 n. Chr. Zerstörung durch Erdbeben. Wiederaufbau ohne Fremdhilfe von Kaiser Nero (vgl. 3,17)
  • 3,17-18: Die Gemeinde meinte, sie sei reich, in Wirklichkeit war sie arm und blind.
  • 3,20: Sie merkte nicht einmal, dass der Herr nicht mehr in ihrer Mitte war (3,20).
  • ⇒ Der geistliche Zerfall der Gemeinden aus der Erweckungsbewegung des 18. und 19. Jh. (Freikirchen). Man orientiert sich an den Unterhaltungswünschen der Masse und ihrem Bedürfnis nach Spass („Volksgerechte“). Man ist blind für die Reichtümer des Wortes Gottes. Man meint geistlich reich zu sein durch ekstatisch aufgepeitschte Gottesdienste und imitierte geistliche Gaben (Zungenreden, Heilungen, Prophetie etc.). Man hat den Eindruck, dass man Gewaltiges im Blick auf Gemeindewachstum leistet. 

Impressum

Roger Liebi, Juni 2007

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist