Bildliche Sprache

Statt der Feststellung, die Bibel sei wörtlich zu verstehen, sollten wir vielleicht lieber sagen, man müsse sie normal auslegen. Das schafft Raum für offensichtliche Bildspra­che, die wir nicht „wörtlich“ nehmen können, deren Be­deutung aber nichtsdestoweniger wirklich und wahr ist. Wenn Jesaja uns sagt, die Bäume würden in die Hände klatschen, wissen wir, dass diese keine wirklichen Hände haben; doch, wenn wir zum Beispiel sehen, wie der Wind die Zweige der Pappeln gegeneinanderschlägt, so ist das für uns ein prächtiges Bild dafür, wie die Schöpfung ih­ren Schöpfer preist.

  • Der Vergleich: Ein Ding wird mit einem anderen ver­glichen, indem die Wörter „gleich“ oder „wie“ benutzt werden: sein Haupt aber und seine Haare <waren> weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme (Offb 1,14)
  • Die Metapher: Etwas wird verglichen oder anstelle ei­nes anderen Dinges gebraucht, ohne gleich oder wie zu benutzen: Nehmt, eßt, dies [Brot] ist mein Leib!“ (Mt 26,26)
  • Das Metonym: Ein Wort wird für etwas gebraucht, das damit in Verbindung steht. Beispiel: In 1.Korinther11,26 steht der Kelch für seinen Inhalt. In Kolosser3,5.[[2]].9 ist von unseren Gliedern, die auf der Erde sind, die Rede. Hier stehen die Glieder unseres Leibes für die Sünden, die wir mit ihnen begehen.
  • Die Hyperbel: Eine Übertreibung, die so offensicht­lich ist, dass niemand dadurch irregeführt wird: Ihr blinden Führer, die ihr die Mücke seiht, das Kamel aber verschluckt!“ (Mt23,24)
  • Die Parabel: (oder Gleichnis) Eine kurze Geschichte, Tatsache oder Feststellung, die eine tiefere Bedeutung hat. Manchmal hat jedes Detail der Parabel eine Bedeutung, manchmal wird nur eine einzige Botschaft dadurch illustriert. Unser Herr brauchte Parabeln, damit jeder ernsthafte Sucher die darin verborgene Wahrheit erkennen und verstehen konnte; andererseits verbargen diese Parabeln das Licht vor allen oberflächlichen Hörern (Mt13,10-17).
  • Die Allegorie: Sie gleicht der Parabel, ist nur länger. Wie bei der Parabel muss man nicht jede Einzelheit aus­legen wollen. Paulus zeigt an den häuslichen Verhältnis­sen Abrahams, dass Gnade und Gesetz nicht miteinan­der verbunden werden können. John Bunyans Pilgerreise ist eine längere Allegorie und beschreibt die Reise des Sünders aus dem Machtbereich Satans in die himmlische Stadt.
  • Der Parallelismus:Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und das Himmelsgewölbe verkündet seiner Hände Werk.“ (Ps 19,2) Hier handelt es sich um zwei Mög­lichkeiten, das gleiche zu sagen. Das ist die bevorzugte Weise hebräischer Dichtkunst. Es hat einmal einer gesagt: „Anders als wir >reimen< sie Gedanken und nicht Worte.“ 
  • Ironie: Man benutzt Worte, die etwas anderes ausdrü­cken als ihre buchstäbliche Bedeutung. Oft sind es hu­morvolle oder satirische oder sarkastische Bemerkun­gen. In 2. Korinther11,8 sagt Paulus, er habe andere Gemeinden beraubt, damit er den Korinthern kostenlos predigen konnte.
  • Die Synekdoche:   Ein Teil wird für das Ganze ge­braucht: Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren!“ (1.Mo3,19); oder das Ganze für einen Teil: „dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben.“(Lk 2,1)Die Hebräer nennen einen 24-Stunden-Tag ein hmera (hemera). Und ein Teil davon hmera wird auch genannt. Das erklärt, wieso Christus drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde war - einen Teil vom Freitag, den ganzen Sonna­bend und einen Teil des Sonntags (Mt12,40).

Typologie

Das Wort stammt von dem griechischen typos ab. Das bedeutet: Abdruck, Bild, Muster, Beispiel, oder in der Ty­pologie in besonderer Weise „Vor-Bild“ oder „Hinweis“. In 1.Korinther10,11 sehen wir, dass im Alten Testament den Israeliten Dinge geschahen, die als Beispiele und Vor-Bilder für geistliche Wahrheiten dienen, die im Neu­en Testament gelehrt werden.

Ein solches Vor-Bild kann eine Person wie Melchisedek sein, oder ein Ort wie Kanaan, oder Dinge wie die Be­standteile des Heiligtums, das Mose bauen sollte.

Jetzt folgen noch einige weitere klare und bekannte „Vor-Bilder“:

  • Noahs Arche: Das Eintauchen der Arche in die Wasser des Gerichts ist ein Bild für die Taufe Christi in den Tod auf Golgatha. Nur wer in der Arche war, wurde gerettet, so wie alle, die „in Christus sind“ (1. Petr 3,18-22).
  • Melchisedek: „Denn ihm wird bezeugt: «Du [Christus] bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.» (Hebr 7,17)
  • Mose: Mose sagte: „Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören.“ (5.Mo 18,15)
  • Das Passah: Denn auch unser Passa<lamm>, Christus, ist geschlachtet.“ (1.Kor 5,7b)
  • Der Hohepriester: Die Hauptsache aber bei dem, was wir sagen, ist: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln“ (Hebr 8,1)
  • Die Opfer: „<Es ist> nun nötig, dass die Abbilder der himmlischen Dinge hierdurch gereinigt werden, die himmlischen Dinge selbst aber durch bessere Schlachtopfer als diese.“ (Hebr 9,23)
  • Der Vorhang im Tempel:den er uns eröffnet hat als einen neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang - das ist durch sein Fleisch“ (Hebr 10,20)
  • Das Zelt der Zusammenkunft: Und das Wort wurde Fleisch und wohnte [ schnov (skenoo) übersetzt zelten oder wohnen] unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14)
  • Das Manna: Jesus sagt: „Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist;( Joh 6,51)
  • Der Fels: „und alle denselben geistlichen Trank tranken; denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der <sie> begleitete. Der Fels aber war der Christus.“ (1.Kor10,4)
  • Die Schlange: Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muß der Sohn des Menschen erhöht werden,“ (Joh 3,14)
  • Joseph (AT): Ob­wohl nie gesagt wird, er sei ein Vor-Bild für den Herrn Je­sus, gibt es doch nach Ada Habershon (A.W. Pink, Gleanings in Genesis (Chicago: Moody Pree, 1922), S. 343. Ada R. Habershon, The Study of the Types (Grand Rapids: Kregel Publications, 1974), S. 169-174.) und Arthur Pink mehr als 100 Entsprechungen zwischen den beiden Per­sonen. Dergleichen ermutigt uns, nach anderen Bildern und Symbolen in der Bibel Ausschau zu halten.

Zwei Extreme sind zu vermeiden. Es wäre im Licht der Worte: „alle diese Dinge“ zu einseitig, nur solche Vor-Bilder anzuerkennen, die im Neuen Testament als solche erwähnt werden. Das andere Extrem wäre, die Phantasie ins Kraut schießen zu lassen und überall Vor-Bilder zu sehen, selbst im Neuen Testament.

Allerdings, es gibt keine vollkommenen Vor-Bilder, besonders in Bezug auf unseren Herrn; nur das Gegen­bild ist fehlerlos.

Auch dürfen wir auf solchen Bildern keine Lehre er­richten. Oftmals bestätigen oder illustrieren sie Lehren und prophetische Auslegungen; aber sie sind nicht aus­reichend, um als Quelle einer Lehre zu dienen.

Biblischer Symbolismus

  • Land oder Erde steht oft im Zusammenhang mit Israel. So könnte der im Acker verborgene Schatz ein Bild für Is­rael sein, für den der Herr alles hingab, was Er hatte, um ihn zu kaufen (Mt 13,44). Das aus dem Land aufstehen­de Tier (Offb13,11) wird als ein mächtiger endzeitlicher Herrscher aus dem Land Israel betrachtet, vielleicht ist es der „falsche Prophet“.
  • Das Meer könnte die Heidenwelt kennzeichnen. Dann wäre die aus dem Meer stammende kostbare Perle (Mt13,45.46) die Braut aus den Heiden, und das Tier aus dem Meer (Offb 13,1) ein heidnischer Herrscher über das wieder erstandene Römische Reich.
  • Ägypten kann man als Bild für die Welt mit ihren Attrak­tionen, Vergnügungen und Götzendiensten betrachten.
  • Kanaan ist nicht der Himmel, sondern beschreibt un­sere gegenwärtige Stellung als versetzt mit Christus in die Himmelswelt (Eph 1,3). In Kanaan gibt es Kriege; die wird es im Himmel nicht geben.

Doch müssen wir aufpassen: Die Bildersprache ist in der Bibel nicht durchgängig die gleiche.

Zahlen in der Bibel

In der Bibel haben die Zahlen eine Bedeutung. Diese kann man herausfinden, wenn man ihren wiederholten Gebrauch in verschiedenen Kontexten vergleicht. (vgl. F.W. Grant, The Numerical Bible (Loizeaux))

  • Die EINS. Sie erinnert an Ausschließlichkeit und ab­solute Hoheit. Es ist, als wenn ich sage: „Dies Restaurant ist die Nummer eins in New York.“ Dass Gott Einer ist, kommt im Schema (Höre!), dem hebräischen Glaubens­bekenntnis, zum Ausdruck: „Höre, Israel: Der HERR ist unser Gott, der HERR allein!“ (5 Mo 6,4) und in der Vorhersage des künftigen Reiches: „Und der HERR wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tag wird der HERR einzig sein und sein Name einzig.“ (Sach 14,9)
  • Die ZWEI. Diese erinnert an die Bestätigung von Zeu­genaussagen. „Ein einzelner Zeuge soll nicht gegen jemanden auftreten wegen irgendeiner Ungerechtigkeit oder wegen irgendeiner Sünde, wegen irgendeiner Verfehlung, die er begeht. <Nur> auf zweier Zeugen Aussage oder auf dreier Zeugen Aussage hin soll eine Sache gültig sein.“ (5.Mo19,15)
  • Die DREI. Sie bedeutet göttliche Vollkommenheit oder Fülle, wie sie in den drei Personen der Gottheit zu finden sind: „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19)
  • Die VIER. Sie drückt die Universalität des Erschaffe­nen aus. Es gibt vier Evangelien, vier Himmelsrichtun­gen (Jer 49,36 und Offb 20,8), und vier Tiere stellen die heidnische Weltherrschaft dar (Dan 7,3).
  • Die FÜNF. Sie spricht von menschlicher Schwäche und Abhängigkeit. Die Jünger konnten nur fünf Brote auftreiben, um 5000 Menschen zu ernähren (Joh 6,9). In Matthäus 25,2 gibt es fünf kluge und fünf törichte Jung­frauen. Die Fünf weist uns auch auf unsere Verantwort­lichkeit vor Gott hin.
  • Die SECHS. Dieser Zahl fehlt etwas an der Sieben, der Zahl der Vollkommenheit. Goliat war sechs Fuß und eine Spanne groß; die Juden in Johannes 2,6 hatten sechs Krü­ge zur Reinigung. Das bekannteste Beispiel ist die 666, die Zahl des Tieres aus der Offenbarung. Sechs ist die Zahl des Menschen; er hat gesündigt und erreicht nicht die Herrlichkeit (und Vollkommenheit) Gottes.
  • Die SIEBEN. Sieben steht für Vollkommenheit und Vollendung. Sechs Tage dauerte es, bis die Erde vollendet war, und am siebten Tag ruhte Gott. Blut wurde beim Sündopfer siebenmal vor dem Herrn ausgegossen (3.Mo4,6.17). Unser Herr gab uns in den sieben Gleich­nissen aus Matthäus 13 eine vollkommene Vorschau auf das Reich der Himmel, und in Offenbarung 2 und 3 mit den sieben Sendschreiben eine ebensolche für die Zeit der Gemeinde.
  • Die ACHT. Sie weist auf einen Neuanfang hin. Die Welt wurde nach der Flut von acht Personen wieder be­völkert. Jüdische Jungen wurden am achten Tag be­schnitten. Christus wurde am achten Tag umgestaltet (Lk9,28), wodurch das kommende Reich angezeigt wird, und am achten Tage, dem Tag nach dem Passah, stand Er von den Toten auf. So ist der achte Tag der Tag des Herrn und ein Neuanfang. Im Griechischen ist der Zahlenwert des Namens Jesu (Iesous) genau 888, wahrlich kein Zu­fall!
  • Die ZEHN. Die redet von der Verantwortlichkeit des Menschen. Es gibt die Zehn Gebote, und wir haben zehn Finger und Zehen, mit denen wir etwas tun oder irgend­wo hingehen. Gott schickte den Ägyptern zehn Plagen (2. Mo. 7-12), und der Herr vertraute im Gleichnis aus Lukas19,13 seinen zehn Knechten Geld an.
  • Die ZWÖLF. Diese Zahl hat es mit Regierung und Herr­schaft zu tun. Es gibt zwölf Stämme in Israel, zwölf Apos­tel des Lammes, zwölf Grundlagen des neuen Jerusalems mit seinen zwölf Toren, die von zwölf Engeln bewacht werden.
  • Die VIERZIG. Menschliche Verantwortung (10) multi­pliziert mit der Universalität (4) führt zu einer vollkom­menen Prüfung des Menschen (40). 40 Tage und 40 Nächte regnete es während der Sintflut. Mose wurde in Vierzigjahres-Perioden während seines Lebens geprüft: in Ägypten, in der Wüste und in der Wildnis. Dort wur­den auch die Israeliten 40 Jahre lang geprüft. Sowohl Saul als auch David wurden in einer vierzigjährigen Regie­rungszeit erprobt. Ninive erhielt 40 Tage Zeit, um Buße zu tun. Die Versuchung unseres Herrn in der Wüste dau­erte 40 Tage und vierzig Nächte.

Biblische Farben

Auch Farben haben Bedeutung.

  • Purpur                  wird (wie auch bei uns noch) mit Herrschaft verbunden (Ri8,26),
  • Kar­mesin              mit Sünde (Jes1,18),
  • weiß                     mit Reinheit und Ge­rechtigkeit (Offb6,11)

Biblische Namen

Namen haben in der Bibel Bedeutung. Jakob heißt „Betrü­ger“ oder „Überlister“. Wir würden einen solchen als „schlauen Fuchs“ bezeichnen. Er wurde in Israel umbe­nannt, was „Fürst Gottes“ oder „Gottesstreiter“ bedeutet.

Ein Umstand, der Charles Dickens Bücher nun schon seit 150 Jahren so eindrücklich macht, ist die großartige Namenswahl für seine Helden, wenn man auch manch­mal denkt, er habe sie erfunden. Sie scheinen zu gut zu passen. Wer kann Namen vergessen wie Murdstone (Mordstein), Steerforth (Bullenstärke), Pickwick (nicht ganz ernst zu nehmen), Chuzzlewit (dreist, schlau), Nickleby (Pfennigfuchser). Natürlich konnte Dickens je­den gewünschten Namen erfinden, weil seine Helden ebenfalls erfunden sind.

Biblische Namen sind aus einem anderen Grund bemerkenswert. Sie passen ebenfalls zu den Charakte­ren, nur sind es Namen von wirklichen Menschen. Der souveräne Gott achtete darauf, dass die bedeutenderen Männer und Frauen der Bibel aussagekräftige Namen er­hielten - Namen, die oftmals den Schlüssel zu ihrer Per­sönlichkeit und ihrem Charakter liefern.

Einige wichtige Namen in der Bibel

Weiter Namenserklärung im Buch „Wer ist wer in der Bibel“ © R. Brockhaus Verlag Wuppertal

Altes Testament

  • Adam            - rot, Erde, Erdboden
  • Eva               - Lebensgeberin
  • Kain              - Besitz, Gewinn
  • Abel              - Hauch, Nichtigkeit, Gras, Trauer
  • Abram           - Hoher Vater
  • Abraham       - Vater einer Menge
  • Sarah            - Fürstin
  • Isaak             - man (oder: er) lacht
  • Jakob            - Betrüger, der andere aussticht
  • Juda              - Gelobt (ist Gott)
  • Michael          - Wer ist wie Gott?
  • Jesaja            - Gott (Jahwe) ist Heil
Neues Testament
  • Jesus             - Heilbringer, Gott ist Heil
  • Maria             - die Bittere (dasselbe wie Mirjam)
  • Joseph           - Gott füge hinzu
  • Petrus           - Stein
  • Philippus       - Pferdefreund
  • Stephanus     - Siegeskranz, Krone
  • Paulus           - der Kleine

Weitere Einzelheiten

  • Metalle: Selbst Metalle haben in der Bibel ihre bildhafte Bedeutung. Gold weist auf Herrlichkeit und göttliches Wesen hin. Silber spricht von der Erlösung. Es war ja das Zahlungsmittel. Erz (Bronze) ist ein Bild vom Gericht, Ei­sen eins der Stärke.
  • Datierungen: Mache kein übertriebenes Wesen von den Datierungen. So gibt es beispielsweise keins für 1. Mose 1. Das Alter der Menschheit kann ungefähr ange­geben werden, selbst wenn sich einige kleinere Lücken in den Geschlechtsregistern befinden sollten. Ganz all­gemein gesagt beeinflusst die genaue Kenntnis der Da­tierungen weder den Gewinn noch die Freude, die du aus dem Bibelstudium ziehst.
  • Zeitangaben: Es gibt in der Bibel unterschiedliche Zeitzählungen. Die Juden hatten eine andere als die Rö­mer. Oftmals erklärt sich ein scheinbarer Widerspruch aus der Benutzung eines anderen Kalenders oder aus einer unterschiedlichen Benennung der Stunden des Tages.
  • Gewichte, Maße, Währungen: Auch hier solltest du nicht auf exakten Definitionen bestehen. All dies unter­liegt einer Veränderung im Lauf der Zeiten. Der jeweilige Kontext wird dir zeigen, ob ein Betrag gewaltig, unver­schämt oder nicht ausreichend ist.

Der göttliche Herausgeber

Hier ist es sehr hilfreich, Folgendes zu bedenken: Wenn der Heilige Geist eine Stelle aus dem Alten Testament im Neuen zitiert, so ist Er Herr über beides. Das bedeutet, Er kann einen Text in einen völlig neuen Zusammenhang stellen. Wenn Hosea Gott so zitiert: „Denn ihr seid nicht mein Volk“ (Hos 1,9) so bezieht er das auf Israel, das sich von dem HERRN entfernt hat. Paulus erwähnt diesen Text in Römer9,25.26 und meint damit die Heiden. Kein Pro­blem! Derselbe Heilige Geist, der durch Hosea sprach, kann den Text das nächste Mal durch Paulus so verwen­den, wie es Ihm gefällt.

Schritt 1: Beobachtung

Den meisten werden Ge­richtsverhandlungen zumindest aus den Medien be­kanntsein. Zu den faszinierendsten Seiten einer Gerichts­verhandlung gehören die Zeugenaussagen. Manche Zeu­gen sind gute Beobachter und hören sich sehr glaubhaft an. Wenn sie etwas nicht gesehen haben, geben sie auch nicht vor, es doch gesehen zu haben, und wenn sie es ge­sehen haben, beschreiben sie es nur so weit, wie sie sich genau daran erinnern können. Einige Zeugen sind je­doch eindeutig unglaubwürdig.

Eine juristische Behörde in den USA hat einen speziel­len Film entwickelt, um die Beobachtungsfähigkeit zu trai­nieren. Wenn wir Fragen über einen kurzen Abschnitt die­ses Films beantworten sollten, der eine Unfallszene zeigt, würden wir wahrscheinlich meinen, dass wir eine hohe Punktzahl erzielen würden. Doch wenn wir nicht außerge­wöhnlich begabt sind, werden wir nur etwa ein Drittel der Fragen richtig beantworten. „Welche Farbe hatte der Schirm der Frau? War er hell oder dunkel?“ Wir meinen, er muss wohl dunkel gewesen sein. Doch in Wirklichkeit hatte sie keinen Schirm! Würde ein trainierter FBI-Agent die­sem Test unterzogen, würde er wahrscheinlich die volle Punktzahl - oder zumindest eine Annäherung - erreichen.

Wir müssen lernen, unser Denken und unsere Fanta­sie auch beim persönlichen Bibellesen auf den heiligen Text des Wortes Gottes zu konzentrieren, und nicht erst später, wenn wir unsere Gedanken für eine kreative Prä­sentation benötigen. Wir müssen unseren Verstand trai­nieren, um zu sehen, was dasteht, und um nicht etwas hineinzulegen, was wir meinen, es stände da, oder was uns beigebracht wurde, dass es dastände.

Hier einige Fragen, die wir uns beim Beobachten sel­ber stellen können: Was ist der „Kontext“?

Wie wir bereits gesehen haben, „ist ein aus dem Zu­sammenhang gerissener Vers ein Vorwand“, womöglich für eine falsche Lehre. Das ist nicht immer so. Viele einzelne Verse enthalten die Botschaft der Bibel in einer „Nussschale“, wie Martin Luther es zum Beispiel über Johannes 3,16 sagte. Es ist jedoch eine Regel, dass wir die verschiedenen Bibelbücher, die Redner bzw. Schreiber und die Zuhörer- bzw. Leserschaft beachten müssen.

Viele kirchliche Autoritäten berufen sich auf Johan­nes 3,5, um zu lehren, dass die Taufe notwendig sei, um gerettet zu werden. Der Vers besagt Folgendes:

Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, <so> kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. (Joh 3,5)

Doch vom Kontext her gesehen konnte der Herr Jesus gar nicht über die christliche Taufe reden, weil er zu einem führenden Juden sprach, und das, bevor die christliche Gemeinde überhaupt gegründet war (zu Pfingsten)! Es stimmt zwar, dass die Bekehrung zum Judentum eine Taufe erforderte, doch Nikodemus war kein Konvertit (Proselyt), sondern als Jude geboren und außerdem ein hoch angesehener Lehrer Israels.

Andere ziehen Jesu Worte in Johannes 6 heran, um die Auffassung zu unterstützen, dass beim Abendmahl buchstäblich Jesu Fleisch und Blut gegessen und getrun­ken wird (allerdings verborgen unter der äußeren Gestalt von Brot und Wein). Doch zu wem sagte Jesus dies? Es war in der Synagoge von Kapernaum, gegenüber Juden, von denen die meisten Jesus ablehnten. Es war lange be­vor das Abendmahl eingesetzt wurde oder irgendeine christliche Gemeinde das Abendmahl begehen konnte. Außerdem macht Vers 63[3] deutlich, dass dies nicht wört­lich, sondern geistlich zu verstehen ist.

Fragen stellen

Die Fragen, die wir stellen, sind sehr einfach und grund­legend. Wir haben sie einst in der Grundschule gelernt und heute vielleicht wieder vergessen.

Frage 1:  Wer? Lesen Sie Ihren Abschnitt. Wählen Sie zuerst einen kurzen. Wer schreibt? An wen schreibt er? Wer spricht (wenn es ein Zitat ist)? Wer handelt? Auf wen wird Bezug genommen?

Frage 2:  Was? Oder Welche(r, s) Was geschieht? Welche Art von Literatur ist es? Poesie? Geschichte? Lehre? Prophetie? Welche Situation liegt vor? Predigt? Was ist der Hauptgedanke der Argumentation? In welchem Tonfall schreibt der Autor? Diese Sammlung von Fragen nach dem Inhalt können wir unbegrenzt fortsetzen.

Frage 3:  Wann? Von welcher Zeit spricht der Text - Ver­gangenheit, Gegenwart oder Zukunft? Geht es um das Zeitalter vor dem Beginn des Volkes Israel? Geht es um die gegenwärtige christliche Epoche? Ist es eine Voraus­sage für die Zukunft? Oder über den Himmel?

Frage 4:  Wo? Findet das Geschehen auf der Wüsten­wanderung Israels statt? In Jerusalem? In Babylon? Im künftigen Reich des Herrn? Der Ort des Geschehens ist bei allen historischen Ereignissen wichtig. Bei einer Ge­richtsverhandlung wird der Angeklagte gefragt: „Wo wa­ren Sie am Abend des Verbrechens?“

Frage 5:  Wie? Wie ist es zu der Situation in dem Ab­schnitt gekommen? Aus Liebe? Aufgrund von Krieg? Re­bellion? Sorgfältiger Planung? Durch Eingreifen Gottes?

Frage 6:  Warum? Bei der Frage nach Grund und Ursa­che kommt der Aspekt der Auslegung wahrscheinlich mehr ins Spiel, als es in dieser Beobachtungsphase gut wäre. Manchmal ist es offensichtlich, warum etwas ge­schieht: Es war von Gott vorausgesagt; es war die natürli­che Konsequenz des Vorangegangenen.

Wir wollen uns Galater 1 vornehmen und die obigen Fragen stellen:

Wer?      Der Galaterbrief wurde von Paulus an die Gläu­bigen in Galatien geschrieben.

Was?      Der Apostel war aufgebracht, weil diese Gläubi­gen auf ein falsches Evangelium hörten. Sein Tonfall ist erregt.

Wann?    In der Zeit der noch ganz jungen Gemeinde. Paulus hatte ihnen kurz zuvor das Evangelium verkün­digt.

Wo?      Ein Blick auf eine Karte im Anhang deiner Bibel oder in einem Bibelatlas ergibt, dass Galatien in der Mit­te von Kleinasien lag. Im Text gibt es keine näheren Hin­weise darauf, wo sich Paulus aufhielt, als er den Brief schrieb.

Warum? Der Grund dieses Briefes war für Paulus, Irr­lehre zu bekämpfen und seine Autorität als Apostel und das wahre Evangelium zu verteidigen.

Ein erweiterter Fragenkatalog könnte der im Anhang 14.1 stehende sein.

Schritt 2: Interpretation

Wenn der erste Schritt darin bestand zu beobachten, was der Abschnitt sagt, dann geht es im zweiten Schritt da­rum, was er bedeutet. Manchmal ist der Text so klar und einfach, dass man sich mit der Bedeutung nicht großar­tig beschäftigen muss, sofern man mit dem Text vertraut und nicht darauf aus ist, sein Steckenpferd, eine persön­liche Vorliebe oder gar eine Irrlehre zu pflegen.

Lasst uns mit einem Vers anfangen, über dessen Ausle­gung sich beinahe alle Christen einig sind.

Er steht in 1. Petrus 5,7. Dort sagt der Apostel, wir soll­ten alle unsere Sorgen auf Gott werfen; „denn er ist be­sorgt für euch“. Die Bedeutung ist in diesem Fall klar (die Anwendung ist allerdings eine ganz andere Sache).

Wir werden aufgefordert, alle Sorgen auf Gott zu wer­fen, der für uns sorgt. Dabei können wir auch andere Über­setzungen hinzuziehen, überall finden wir das schöne Wortspiel um das Wort Sorgen. Das aber geht im Deut­schen auf die Lutherbibel zurück (wie es auch im Engli­schen schon in der während der Reformationszeit ent­standenen Tyndale - Bibel zu finden ist).

Das ist sehr bemerkenswert; denn im griechischen Grundtext stehen für Sorgen und sorgen zwei völlig unterschiedliche Wörter. Das erste heißt merimna und be­deutet ängstlich besorgt sein, während das zweite die Übersetzung des griechischen melo (melo) ist, das Interesse und Engagement für eine Person oder Sache beschreibt. Somit macht Petrus einen Unterschied zwischen ängstli­cher Besorgnis und liebendem Interesse. Millionen älte­rer Europäer, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben, wissen, was CARE (melo) bedeutet, wenn sie an die liebe­voll gepackten Pakete denken, die ihnen von den Ameri­kanern per Flugzeug geschickt wurden.

Diese Einzelheiten bereichern unsere Auslegung, doch die Bedeutung wird uns schon in der ältesten Luther­bibel wunderschön deutlich klargemacht.

Wenn es um schwierigere oder gar umstrittene Verse geht, sollten wir mit großer Sorgfalt (nicht Ängstlichkeit!) versuchen, die richtige Bedeutung zu finden. So hört man oft von Leuten, die eine Errettung aus Gnaden durch den Glauben allein ablehnen: „Das ist doch nur eure Auslegung!“, wenn man ihnen einen Vers vorhält, der das eindeutig beweist. Sie sind zu dieser Ansicht ge­langt, weil manche religiösen Systeme lehren, die Erret­tung werde - wenigstens teilweise - durch Werke errun­gen. Texte wie Epheser 2,8:

Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels <des> Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; 

diskutieren sie damit einfach fort.

Viele unterschiedliche Ansichten unter Christen kommen nicht durch doppeldeutige Bibelstellen zustan­de, die von verschiedenen Gruppen unterschiedlich aufgefasst werden, sie entstammen vielmehr der jeweiligen kirchlichen Tradition, der sich die einzelnen Denomina­tionen verpflichtet fühlen.

So hielt es Martin Luther in der Reformationszeit (von 1517 an) für richtig, alles beizubehalten, was in der Bibel nicht ausdrücklich verboten war, wie Gewänder, Kerzen usw., während Johannes Kalvin beinahe alles hi­nauswarf, was er nicht in der Bibel fand. Die freien Ge­meinden, die niemals Staatskirchen wurden, trieben es darin am weitesten. Klugerweise, wie wir meinen, schaff­ten sie solche Dinge wie die Kindertaufe, das Staatskirchentum und Ähnliches ab. Baptisten, Methodisten, Bibelgemeinden und die als Brüderversammlung bekann­ten Christen stammen geistlicherweise von der letzten Gruppe ab.

Wir wollen jetzt eine schwierige und umstrittene Stel­le auslegen, um zu zeigen, wie mühsam diese Phase der Bibelarbeit tatsächlich sein kann:

Apg 2,38: Petrus aber spricht zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

Zunächst ist zu beachten, an wen Petrus diese Worte richtete. Es waren die Männer von Judäa (Apg 2,14), die Männer von Israel (Apg 2,22). Er sprach nicht zu Heiden oder Christen, sondern zu unbekehrten Juden.

Sein erstes Wort an sie war: Tut Buße! Wovon sollten sie Buße tut? Im allgemeinen Sinn mussten sie für alle Sünden Buße tun; aber Petrus dachte an eine bestimmte Sünde: Sie hatten den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt. Das macht er in Vers 23 und 36 deutlich:

diesen, hingegeben nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes, habt ihr durch <die> Hand von Gesetzlosen an <das Kreuz> geschlagen und umgebracht. (Apg 2,23)

Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt. (Apg 2,36)

Was sollten die Zuhörer des Petrus nun tun, nachdem sie Buße getan hatten? Sie sollten sich im Namen Jesu Chris­ti taufen lassen. Das heißt, sie sollten sich der christli­chen Taufe unterziehen. Indem sie das taten, würden sie sich mit dem Herrn Jesus Christus einsmachen und sich von der Nation lossagen, die Ihn gekreuzigt hatte.

Von dieser Taufe wird gesagt, sie sei „zur Vergebung ihrer Sünden“. Nur Juden wurde befohlen, sich zur Ver­gebung der Sünden taufen zu lassen. Wie wir gesehen haben, beziehen sich ihre Sünden in diesem Abschnitt in erster Linie darauf, wie sie ihren Messias behandelt hat­ten. Indem sie durch das Wasser der Taufe gingen, trenn­ten sie sich von „diesem verkehrten Geschlecht“ (Apg 2,40). Sie trennten sich von einem Volk, das sich des Mordes an Christus schuldig gemacht hatte (Mt 27,25).

Die Wassertaufe rettete ihre Seelen nicht, aber sie ret­tete sie von der Blutschuld gegenüber Christus. Ihre See­len waren durch Buße und durch den Glauben an den Herrn gerettet. Das ist das einhellige Zeugnis der Schrift. Die Wassertaufe brachte sie von dem jüdischen Boden fort und stellte sie auf den Grund des Christentums.

Es gibt eine andere stichhaltige Auslegung des Aus­drucks „zur Vergebung der Sünden“. Man kann es als „wegen der Vergebung der Sünden“ verstehen. Durch Buße (und Glauben natürlich) empfingen sie die Verge­bung ihrer Sünden. Darum wurden sie nun aufgefordert, sich taufen zu lassen. Die Taufe war also das äußere Zei­chen für das, was innerlich stattgefunden hatte.

„... ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfan­gen.“

Sobald die Juden Buße getan und geglaubt hatten, waren sie bekehrt. Und sobald sie durch die Taufe öffent­lich ihre Zugehörigkeit zu ihrem Messias bezeugt hatten, empfingen sie den Heiligen Geist.

Schritt 3: Anwendung

Die letzte Stufe ist die Anwendung dessen, was man gelernt hat. Was der Bibelabschnitt sagt, erfährt man durch Beobachtung, die Bedeutung des Textes ge­winnt man durch Auslegung, und was der Abschnitt dir (oder anderen) zu sagen hat, zeigt sich durch die Anwen­dung.

Wie es allzu viele von uns selbst erfahren haben, ist in vielen so genannten „Bibelstudien“ einer so unwissend wie der andere. Da mögen vier oder fünf verschiedene Übersetzungen verglichen werden, und jeder sagt, was der Text „für ihn“ bedeutet - und das alles ohne die Be­achtung des Kontextes und der einfachsten Regeln der Grammatik!

Doch muss der Text zu uns reden, sonst missrät das Bibelstudium zu einer rein intellektuellen Übung.

Manche Themen sind nicht direkt auf uns anwend­bar. Wenn zum Beispiel alle männlichen Israeliten drei­mal jährlich zu den jüdischen Hauptfesten vor Gott er­scheinen sollten, kann das unmöglich uns gelten. Doch dieser Befehl kann als Ermutigung verstanden werden, die christlichen Zusammenkünfte treu zu besuchen.

Doch wenn uns gesagt wird:

Sie aber sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus. (Apg 16,31),

und wir haben es bisher nicht getan, dann sollten wir ge­horsam sein. Wenn wir noch nicht getauft sind, sollten wir der Aufforderung des Neuen Testaments nachkom­men. Und wenn der Herr Seine Leute auffordert, Seiner am Tisch des Herrn zu gedenken (und das tut Er in 1. Ko­rinther 11,24), sollten wir dem nachkommen, wenn im­mer wir können.

Einige dieser Gebote - wie die Kontrolle unserer Zun­gen - mögen jahrelanger Einübung bedürfen, bis sie zum Erfolg führen. Doch die Anwendung des Gebotes aus Jakobus 3 muss jedenfalls irgendwann anfangen!

Am Ende einer Bibelstunde oder einer Predigt könn­ten verschiedene Zuhörer eine Liste möglicher Anwen­dungen auf eine Tafel schreiben. Das würde eine bemerkenswerte Demonstra­tion der Vielseitigkeit des allgenugsamen, unfehlbaren und staunenswert treffsicheren Gotteswortes ergeben. Man kann das auch für sich selbst aufschrei­ben.

Die wörtliche Methode

Eine der wichtigsten Regeln für das Bibelstudium lautet: „Wenn ein Abschnitt wörtlich verstanden werden kann, dann sollen wir ihn auch so verstehen.“ Anders ausge­drückt: Wenn die nahe liegendste Bedeutung sinnvoll ist, dann brauchen wir keine andere Bedeutung zu suchen. Wenn die Bibel sagt, dass Christus für tausend Jahre auf der Erde regieren wird, dann wird er tatsächlich tausend Jahre auf der Erde regieren. Die wörtliche Interpretation der Bibel ist stets zu bevorzugen. Die Alternative wäre, alles zu vergeistlichen oder zu allegorisieren (d.h., allem eine willkürliche symbolhafte Bedeutung zuschreiben). Das Problem dabei ist, dass niemand weiß, wessen geist­liche oder allegorische Deutung die richtige ist!

Position und Praxis

Unterscheide zwischen Position und Praxis des Gläubigen; man spricht auch von Stellung und Zustand der Christen. Stellung bedeutet, dass wir in Christus sind. Zustand ist das, was wir im Alltagsleben sein sollten. [[[[2]]]],1 sagt, dass wir mit Christus auferweckt sind; das ist unsere Stel­lung. Deshalb sollen wir nach dem streben, was droben ist; das ist unser Zustand. Unsere Stellung ist vollkommen. Unser Zustand wird niemals vollkommen sein, bis wir das Angesicht unseres Heilands sehen, doch sollten wir bis da­hin immer mehr Jesus ähnlicher werden.

Angewiesene Rolle und persönlicher Charakter

Unterscheide zwischen der angewiesenen Rolle und dem persönlichen Charakter. Johannes der Täufer war größer als jeder andere Prophet vor ihm, das bedeutet größer in seiner Rolle als Vorläufer des Messias (Lk 7,28). Doch das bedeutet nicht unbedingt, dass er einen besseren Charakter hatte. Maria war bevorzugt unter den Frauen, weil sie die Mutter unseres Herrn wurde (Lk 1,[[3]]), doch das bedeutet nicht, dass sie einen besseren Charakter hatte als alle Frauen des Alten Testaments. Gott, der Vater, war in seiner Vaterrolle größer, als sein Sohn es war, solange Jesus auf der Erde lebte (Joh 14,28). Doch bezüglich ih­rer Person waren beide absolut gleich. Der Heiland ent­äußerte sich seiner Stellung, als er auf die Erde kam, um unser Retter zu werden (Phil 2,7), doch legte er damit nicht seine Person oder all seine Eigenschaften ab. Das wäre nicht möglich. Staatliche Regierungen sind von Gott eingesetzt. Das bedeutet, dass sie Gottes Zwecken dienen, obwohl die Regierenden Gott nicht persönlich kennen.


Der Text in seinem Zusammenhang

Studiere einen Text stets in seinem Zusammenhang. Hier einige Beispiele:                        

Der HERR sei Wächter zwischen mir und dir, wenn wir einer vor dem anderen verborgen sein werden! (1. Mo 31,49)

Das ist kein herzlicher Abschiedssegen, wozu dieser Vers heute oftmals benutzt wird, sondern eine Anrufung Got­tes, auf zwei Schwindler aufzupassen, wenn sie vonei­nander getrennt sind und somit nicht gegenseitig auf sich aufpassen können!

Jes 1,6: Von der Fußsohle bis zum Haupt ist nichts Gesundes an ihm: Wunden und Striemen und frische Schläge; sie sind nicht ausgedrückt und nicht verbunden und nicht mit Öl erweicht worden.

Dieser Vers wird üblicherweise zur Beschreibung der völ­ligen Verderbtheit des Menschen benutzt, doch besagt er lediglich, wie sehr Gott das Volk Juda gestraft hat, bis es von Kopf bis Fuß grün und blau geschlagen war, und das Volk dennoch keine Buße getan hat.

Wenn jemand nicht in mir bleibt, wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. (Joh 15,6)

In diesem Abschnitt geht es um Fruchtbringen durch Bleiben in ihm, nicht um Errettung. Dieser Vers sagt nicht, dass Gott die verdorrten Zweige aufliest und ins Feuer wirft. Das tun die Menschen. Wahrscheinlich be­schreibt das die Verachtung, mit welcher die Welt einen Christen behandelt, der nicht in Christus bleibt.

sondern wie geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz aufgekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben“; (1. Kor 2,9)

Die Aussage dieses Verses gilt zwar auch für den Himmel, doch beschreibt er Wahrheiten, die zur Zeit des Alten Testamentes unbekannt waren, jetzt aber durch die Apostel und Propheten der Gemeindezeit bekannt ge­macht worden sind. Der nächste Vers zeigt, dass Paulus von etwas spricht, das jetzt gilt, und nicht von etwas, das erst im Himmel wahr wird: „Uns aber hat Gott es offen­bart durch den Geist.“

Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden? Warum werden sie auch für sie getauft? (1. Kor 15,29)

Der Zusammenhang dieses Verses hat mit Verfolgung und Märtyrertod zu tun. Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann wäre ein Gläubiger ein Tor, wenn er sich selbst dem Tod ausliefert, indem er getauft wird und des­halb als Märtyrer hingerichtet wird.

So prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid, untersucht euch selbst; oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? – es sei denn, dass ihr etwa unbewährt seid. (2. Kor 13,5)

Dieser Vers lehrt nicht Heilsgewissheit durch Introspek­tion, d.h. dadurch, dass Gläubige in sich selbst die Be­weisstücke ihrer Wiedergeburt suchen. Vielmehr sagt Paulus den Korinthern als ihr geistlicher Vater, dass ihre Errettung ein Beweisstück für seine Apostelschaft ist.

Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten! Denn was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten. (Gal 6,7)

Im Zusammenhang beschreibt Paulus nicht die Misse­taten eines Sünders, sondern den Geiz von Gläubigen.

Daher, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein als in meiner Anwesenheit, sondern jetzt viel mehr in meiner Abwesenheit, bewirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern; (Phil 2,12)

Hier lehrt Paulus gewiss nicht die Errettung aus Werken; vielmehr fordert er die Gläubigen heraus, die Lösung ih­rer gemeindeinternen Probleme (Uneinigkeit) zu bear­beiten, indem sie dem Beispiel des Herrn Jesus folgen.

indem ihr dies zuerst wisst, dass keine Weissagung <der> Schrift von eigener Auslegung ist. (2. Petr 1,20)

In diesem Abschnitt geht es nicht um die Auslegung der Bibel, sondern um ihre Entstehung. Die Schreiber gaben nicht ihre eigene Auffassung der Dinge zum Besten, son­dern sprachen das, wozu der Heilige Geist sie bewegte.

Lassen wir die Bibel stets durch sich selbst auslegen! Lukas 14,26 wird in Matthäus 10,37 erklärt. Hass ist hier ein vergleichender Begriff und bedeutet „weniger lieben“.

Stuart Briscoe, ein englischer Prediger, veranschaulicht mit einer amüsanten Geschichte, wie wichtig es ist, einen Abschnitt in seinem Zusammenhang zu studieren:

Ein al­ter Mann ging mit seinem Maultier und seinem Hund am Straßenrand entlang. Ein kleiner Lastwagen kam ange­braust und fuhr das Trio an, so dass alle drei im Straßen­graben landeten. Der verletzte Mann verklagte den Fahrer, doch dessen Anwalt wandte ein, der alte Mann habe direkt nach dem Unfall zum Lastwagenfahrer gesagt, dass „es ihm im ganzen Leben noch nie besser gegangen ist“.

Im Kreuzverhör fragte der Anwalt den Verletzten: „Kam mein Klient nach dem Unfall zu Ihnen und fragte Sie, ob Sie verletzt sind?“

„Ja.“

„Und haben Sie geantwortet, dass es Ihnen im gan­zen Leben noch nie besser gegangen ist?“

„Nun ja“, antwortete der alte Mann. „Ich und mein Maultier und mein Hund gingen am Straßenrand ent­lang, als dieser Herr um die Kurve gesaust kam und uns drei in den Straßengraben beförderte. Dann sprang er aus seinem Lastwagen, mit seinem Gewehr in der Hand. Er ging zu meinem Hund, der stark blutend verwundet war, und so erschoss er ihn. Darauf ging er zu meinem Maultier; dessen Vorderbein war gebrochen, und so er­schoss er es. Schließlich kam er zu mir und fragte mich: „Sind Sie verletzt?“, worauf ich antwortete: „Mein ganzes Leben ist es mir noch nie besser gegangene“

Biblisches Vokabular

Stelle sicher, dass du über genaue Definitionen für bibli­sche Begriffe verfügst. Beziehe deine theologischen Defi­nitionen nicht aus einem säkularen Wörterbuch wie z.B. dem Duden oder einem normalen Lexikon. Verwende ein lehrmäßig gesundes Bibellexikon. Darin erfährst du dann, dass ein Geheimnis in der Bibel nicht etwa eine ge­heimnisvolle Sache, eine ungelöste Frage oder gar eine spannende Geschichte ist (wie es im säkularen Sprach­gebrauch verstanden wird), sondern vielmehr „eine bis­her unbekannte Wahrheit, die auf rein menschliche Weise nicht erkannt werden kann, aber uns jetzt von Gott ge­offenbart worden ist“. Jede Definition muss alle Vorkom­men des Wortes in der Bibel berücksichtigen.

Johann Bengel, ein frommer deutscher Theologe, der vor langer Zeit lebte, schrieb in einem seiner Bücher: „Je­der, der zwanzig große Bibelwörter versteht, versteht die ganze Bibel.“ Da wir bisher nicht herausgefunden ha­ben, welche seine eigenen zwanzig Wörter waren, stellen wir hier unsere zwanzig vor:

  • Auferstehung. Die Erweckung eines Leichnams zum Leben. Sie bezieht sich stets auf den Körper und niemals auf Geist oder Seele.
  • Buße. Kehrtwendung oder Umkehr. Ein Umdenken in Bezug auf sich selbst, Sünde, Gott und Christus, wel­ches die Gesinnung ändert, was wiederum das Verhalten beeinflusst. Das geschieht nicht nur im Denken, sondern im Gewissen. Der Sünder erkennt seine Gottlosigkeit an, sein Verlorensein, seine Hilf- und Hoffnungslosigkeit und dass er auf Gottes Gnade angewiesen ist. Man stellt sich auf die Seite Gottes, gegen das eigene Selbst.
  • Erlösung. Zurückkauf. Aufgrund der Schöpfung ge­hören wir Gott. Durch unsere Sünde wurden wir Satans Sklaven. Christus hat die Gläubigen zu einem gewaltigen Preis zurückgekauft: durch Sein eigenes Blut.
  • Errettung.Befreiung von Sünde, Gericht, Gefäng­nis, Ertrinken usw. Diese Begriffe werden häufig für die Er­rettung der Seele verwendet, doch die genaue Bedeutung muss aus dem Textzusammenhang ermittelt werden.
  • Erwählung. Gottes souveräne Erwählung der Gläu­bigen: wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung <der> Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe. (Eph 1,4) Diese Lehre muss stets im ausgewo­genen Verhältnis zu der menschlichen Verantwortung gelehrt werden. Der Mensch muss den Herrn Jesus mit einem definitiven Willensakt annehmen.
  • Evangelium. Frohe oder gute Botschaft, üblicher­ weise die gute Botschaft der Errettung. Im weiteren Sin­ne bezieht sich der Begriff auf alle großen Wahrheiten des Neuen Testaments.
  • Gerechtigkeit. Die Qualität gerechter und guter Ta­ten, das Gegenteil von Sünde und Gesetzlosigkeit. Gott ist absolut gerecht. Er verleiht denen seine Gerechtigkeit (d.h. er rechnet sie ihnen an), die an Christus glauben. Das ist dann die stellungsmäßige Gerechtigkeit. Von nun an sollte der Gläubige gerecht leben. Das ist dann prakti­sche Gerechtigkeit.
  • Gesetz. Im Alten Testament prüfte Gott den Menschen unter Gesetz und bestrafte ihn, wenn er ver­sagte. Segen war an die Bedingung des Gehorsams ge­bunden. Die Gebote des Neuen Testaments sind Unterweisungen in der Gerechtigkeit für diejenigen, die durch Gnade gerettet sind. Die Motivation zum Gehorsam ist nicht mehr Furcht vor Strafe, sondern Liebe.
  • Glaube. Völliges Vertrauen, vor allem in den Herrn und sein Wort. Auch als Inhalt des Glaubens gebraucht, wenn der Artikel davorsteht, wie z.B. in Judas 1,3b: Geliebte, während ich allen Fleiß anwandte, euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben, war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen, für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen.
  • Gnade. Gottes Gunst gegenüber denen, die sie nicht verdienen, sondern tatsächlich das genaue Gegen­teil zu erwarten hätten. Sie ist ein kostenloses Geschenk, das durch Glauben angenommen wird.
  • Heiligung (d.h. Absonderung). Christus sonderte sich selbst für das Werk am Kreuz ab. Unerrettete können durch den Heiligen Geist geheiligt werden, d.h. zu einer Stellung besonderer Privilegien abgesondert werden. Gläu­bige werden bei der Bekehrung stellungsmäßig von der Welt für Gott abgesondert und sollten sich selbst Tag für Tag für Gott absondern. Vollkommen geheiligt werden sie sein, wenn sie im Himmel sind. Auch unbelebte Gegen­stände können für den Dienst des Herrn abgesondert sein.
  • Rechtfertigung. Als gerecht angesehen werden. Der Mensch rechtfertigt Gott, wenn er anerkennt, dass Gott gerecht und wahrhaftig ist. Gott rechtfertigt den Menschen, wenn dieser umkehrt und dem Evangelium glaubt. Diese Rechtfertigung geschieht durch Gnade, Glauben, Blut, Werke, Kraft und Gott. Gnade bedeutet, dass wir es nicht verdienen. Glaube ist das Mittel, wodurch wir es erlangen. Blut ist der Preis, den Christus da­für gezahlt hat. Werke sind der Erweis unserer Rechtferti­gung. Kraft, die in der Auferstehung Jesu wirkte, zeigt Gottes Annahme des Werkes Jesu. Und Gott ist der Eine, der rechtfertigt.
  • Sühnung (AT). In Bezug auf Sünde bedeutet die­ser Begriff nicht Austilgen, sondern Zudecken. Angewen­det auf Personen und Gegenstände bedeutet Sühnung ferner die Vorkehrung zur zeremoniellen Reinheit.
  • Sühnung (NT). Der Akt, durch den Barmherzig­keit erteilt wird, aufgrund einer befriedigenden Bezah­lung, wie es das Opfer Jesu Christi ist.
  • Sünde. Jeder Gedanke, jedes Wort oder jede Tat, die nicht der Vollkommenheit Gottes entspricht. Sünde ist Gesetzlosigkeit, Fehlverhalten und das Versagen, das Richtige zu tun.
  • Vergebung. Das Austilgen von Sünden und die Er­lösung von Schuld. Gottes Vergebung basiert auf dem Werk Jesu Christi am Kreuz. Der Sünder empfängt rich­terliche Vergebung, indem er sein Vertrauen auf den Herrn Jesus setzt. Der Gläubige empfängt väterliche Ver­gebung, wenn er seine Sünden bekennt.
  • Verherrlichen. Ehren, preisen, anbeten. Die Herr­lichkeit Gottes ist seine Vollkommenheit. Der Gläubige wird verherrlicht werden, wenn er seinen Auferstehungs­leib bekommt.
  • Vorherbestimmung (Prädestination). Gottes Vorausbestimmung über die Stellung einer Person und über den ihr zugedachten Segen. Gläubige sind dazu vorherbe­stimmt, in das Bild des Sohnes Gottes umgestaltet zu wer­
  • Vorkenntnis. Die wissentliche Festlegung der Be­stimmung von Personen und Ereignissen vor ihrem Auf­treten.
  • Versöhnung. Aufhebung von Feindschaft und Schaffung von Frieden zwischen zwei Parteien. Gläubige sind mit Gott versöhnt, weil der Herr Jesus die Ursache des Konflikts, die Sünde, beseitigt hat.

In der Grundschule lernen die Erstklässler traditionell drei Fächer: Lesen, Schreiben und Rechnen. Alle ande¬ren Fächer bauen - zumindest teilweise - auf diesen fundamentalen Grundlagen auf.

Auch im Bibelstudium gibt es einige Grunddisziplinen, auf die wir besonderes Augenmerk richten müssen. Es sind Lesen, Schreiben und Nachdenken.

Das Lesen

Charles Shultz, der talentierte Schöpfer von Snoopy, Charlie Brown, Lucy, Linus van Pelt und der ganzen Peanuts-Clique, veröffentlichte ein Buch mit Comics über junge Leute in einer Gemeinde und deren Jugendtreffen. Es heißt Junge Säulen. Einer der Comics zeigt einen coolen Teenager, der seiner Freundin am Telefon erzählt: „Ich habe angefangen, das Geheimnis des Alten Testaments zu lüften - ich habe angefangen es zu lesen.“

Es ist erstaunlich, wie viele Gläubige Bücher über die Bibel lesen - Kommentare, Wortstudien, Lexika, Bibelatlanten, Predigten usw., und sich dabei doch so wenig Zeit für das Wort Gottes selbst nehmen. Der Gebrauch dieser und anderer Bibel-studienhilfen ist sehr zu empfehlen - aber vergiss nicht: Sie sind nichts weiter als Hilfen.

Manche schwer arbeitenden gläubigen Farmer und andere Werktätige haben nur wenig Zeit für ausgiebige Buchlektüre, und doch kennen sie ihre Bibel sehr gut. Warum? Weil sie diese wieder und wieder lesen.
Ein Leseplan, der durch das ganze Wort Gottes führt, ist sehr zu empfehlen, ob er nun in einem oder in drei Jahren oder in einem anderen Zeitraum durch die Bibel leitet. Ein Teil des Bibellesens sollte gezielt der Erbauung dienen, als notwendige geistliche Nahrung. Doch auch dieses Lesen ohne gründliches Studium wird schließlich zur Steigerung von Bibelkenntnis und -verständnis beitragen. Wenn du deine stille Zeit hältst, schalte beim Lesen nicht deinen Verstand ab, damit du nicht bei seltsamen Auslegungen endest, die nicht zur gesunden Lehre passen.

Das Schreiben

Habe stets einen Bleistift oder Kugelschreiber griffbereit, wenn du die Bibel liest. Selbst wenn es nur deine stille Zeit ist, solltest du das Lesedatum eintragen, Unterstreichungen vornehmen und Gedanken festhalten.

Einige Gläubige benutzen eine Schreibrand-Bibel und fügen auf dem breiten Rand (hoffentlich sauber!) ihre Notizen ein.

Andere bevorzugen ein diesem Zweck vorbehaltenes Notizbuch, um dort ihre Gedanken, Fragen, Probleme, Lösungen, Querverweise usw. einzutragen. Wenn du deine Kostbarkeiten nicht aufschreibst, wirst du sie grö߬tenteils wieder vergessen.

Wenn du dich im Lauf des Tages mit jemandem darüber austauschst, wird das zusätzlich helfen, die Gedanken in deinem Gedächtnis festzuhalten. Deine Gedanken in Worte zu fassen und hörbar auszusprechen, hilft ebenfalls, sich besser daran erinnern zu können.

Das Nachdenken

Ein dritter wichtiger Bestandteil des Bibelstudiums ist das Nachdenken über das, was man gelesen und aufgeschrieben hat. Andere Begriffe dafür sind meditieren, nachsinnen oder Kontemplation. Im hebräischen Grundtext des Alten Testamentes bedeutet das Wort nachsinnen oder meditieren das Grübeln über Dinge, wie eine Kuh das gefressene Gras wiederkäut. Ein Grund, weshalb fernöstli-che Religionen und Sekten mit ihrer Betonung auf nichtchristlicher Meditation in der westlichen Gesellschaft so großen Erfolg haben, ist, dass die Christen die Meditation über dem Wort Gottes so vernachlässigt ha¬ben: Man muss lesen, noch einmal lesen, es bedenken und diese Worte und Gedanken in den Tag mit-nehmen, um sie sich beim Gehen, Fahren oder Sitzen, zu Hause oder im Garten oder beim Spazierengehen wieder ins Gedächtnis zurückzurufen.

In Lukas 21,[[[[2]]]] sagt unser Herr, dass seine Zeugen sich nicht vorher zu überlegen (pro-meletao) brauchen, was sie sagen sollen, wenn sie vor Gericht dafür angeklagt werden, dass sie Jünger Jesu sind.

Doch der Apostel Paulus schrieb Timotheus, er solle sorgfältig über das Wort nachdenken (1. Tim 4,15) und verwendete dabei dasselbe Wort meletao ohne die Vorsil¬be pro. Das soll heißen, man muss sich sorgfältig Gedan¬ken machen, bevor man etwas unternimmt. Dann wird Gott auch zur rechten Zeit eins dieser Worte in Erinnerung bringen.

Wenn alle (oder zumindest die meisten!) Christen, die das Wort Gottes studieren, diese drei Grunddisziplinen des Bibelstudiums regelmäßig praktizieren würden - Lesen, Schreiben und Nachdenken -, dann würden unsere Gemeinden ganz anders aussehen und nicht unter biblischem Analphabetentum leiden!

Wenn du ein Buch mit dem Titel „Bibelstudium leicht ge­macht“ siehst, dann kaufe es nicht! Bibelstudium kann nicht leicht gemacht werden. Es erfordert Disziplin und Ausdauer.

Bibelstudium ist absolut eine Sache der Motivation. Wenn wir etwas wirklich tun wollen, finden wir in unserem Leben auch die nötige Zeit dazu. Wenn uns der Wert des Wortes Gottes bewusst ist, dann wollen wir es auch wirklich studieren. Aber um diesen Wert zu erkennen, müssen wir mit den Augen des Glaubens sehen können. Andernfalls wird eine Fußballübertragung oder eine Fernsehsendung interessanter, spannender und fesselnder sein. Glaube befähigt uns, den ewigen Wert der Bibel zu sehen, im Gegensatz zum vorübergehenden, schnell vergessenen Wert eines Sportereignisses.

Eine weitere beträchtliche Motivationsquelle ist die verbindliche Teilnahme an einem Hausbibelkreis, einem Bibelkurs oder einer speziellen Bibelstudier-Veranstaltung der Gemeinde. Dadurch setzen wir uns einem ge­wissen Druck aus, uns tatsächlich hinzusetzen, zu arbei­ten und uns auf den Kurs vorzubereiten.

Die „beste“ Bibelstudiermethode gibt es nicht. Was für den einen Gläubigen das Beste ist, kann für den an­deren weniger geeignet sein. Was ich bieten kann, ist ein Vorschlag einer Methode. Sie besteht aus einzelnen Schritten, die sich für mich als sehr hilfreich erwiesen haben.


Bete

Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, um die <Dinge> zu kennen, die uns von Gott geschenkt sind; die wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in <Worten>, gelehrt durch <den> Geist, mitteilend geistliche <Dinge> durch geistliche <Mittel>. Der> natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn <es> ist ihm Torheit, und er kann <es> nicht erkennen, weil <es> geistlich beurteilt wird. (1. Kor 2,12-14)

Beginne jedes Bibelstudium grundsätzlich mit Gebet. Gott gab die Schrift, um geistlich verstanden zu werden und damit Wahrheit der Gemeinde zu offenbaren (Röm 15,4; Hebr 1,1.2; Joh 20,31). Frage Ihn, Dir Sein Wort zum Verständnis zu eröffnen, in dem Glauben, dass Er wirklich antworten wird ([[3]])! Verpflichte Dich selbst zum Gehorsam zu dem, was Gott Dich lehren wird (Jak 1,23).

Wenn Dir Probleme in Deinen Studien begegnen, bitte den göttlichen Autor um Hilfe. Du wirst es erleben, dass einige Deiner fruchtbarsten Bibelstudien auf den Knien ausgeführt werden.

Bibel-Studium ist eine geistliche Übung. Es ist Kommunikation mit Gott durch Sein lebendiges Wort (Hebr 4,12). Überprüfe Dich selbst dabei, um offenes Gespräch mit Gott sicherzustellen. Wandelst Du im Geist, wenn Du studierst, und in Deiner täglichen Praxis? Bist Du solchen Gedanken Gottes gehorsam, die Du bisher verstanden hast?

Wähle

dann unter Gebet das Buch der Bibel aus, das du studieren möchtest. Das Johannesevangelium ist wahrscheinlich eines der am häufigsten gewählten Bü­cher, dicht gefolgt vom Römerbrief.

Das Buch lesen

Diese aber waren edler als die in Thessalonich; sie nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf, indem sie täglich die Schriften untersuchten, ob dies sich so verhielte. (Apg 17,11)

Die Bücher der Bibel wurden zunächst dazu geschrieben, um gelesen - und dann erst um studiert - zu werden. Sorgfältiges Lesen des Buches (drei bis fünfmal) wird Dir helfen, den Kontext, Aufbau und den Ton zu verstehen.

Ein von manchen als hilfreich empfundenes Herangehen an diese Aufgabe ist, das Buch dreißig- bis fünfzigmal zu lesen. Mit jedem Mal wird das Buch verständlicher und zugänglicher werden. Beachte den Gedankenfluss des Buches und konzentriere Dich bei jedem Lesen auf verschiedene Dinge, wie Hinweise auf Gottes Eigenschaften, sich wiederholende Worte, Warnungen oder Preisungen.

Beginne dann mit einem kurzen Abschnitt.

Dein letzt­ endliches Ziel wird sein, die ganze Bibel zu studieren, und der Gedanke an eine solch gewaltige Aufgabe kann entmutigen. Doch bedenke, dass eine große Aufgabe aus vielen kleinen Aufgaben besteht. Man kann nicht die ganze Bibel auf einmal studieren, noch nicht einmal ein Bibelbuch, aber man kann sich ein paar Verse vorneh­men. Damit fangen wir an.

F.B. Meyer schreibt mit dem gleichen Tenor:

Wenn Christen nicht versuchen würden, jeden Tag möglichst viele Kapitel in der Bibel zu lesen, sondern stattdessen das, was sie lesen, sorgfälti­ger zu studieren, Parallelstellen zu suchen, den Kontext zu lesen, Schrift mit Schrift zu vergleichen und danach zu streben, wenigstens einen voll­ständigen Gedanken aus Gottes Botschaft zu zie­hen, dann würden sie reichhaltigere Erfahrungen machen, ihr Interesse an der Schrift hätte mehr Frische, sie wären unabhängiger von Menschen und Methoden und hätten größere Freude am Wort des lebendigen Gottes. Davon bin ich immer mehr überzeugt. Oh, das wäre eine praktische Ver­wirklichung dessen, was Jesus meinte, als er sagte: „Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Le­ben quillt.“[1]

Schreibe

in einem Notizbuch in Form von Fragen alles auf, was du im gewählten Abschnitt nicht verstehst. Wenn die Leute mich fragen, wie ich die Bibel studiere, antworte ich immer: „Mit einem Fragezeichen im Ge­hirn.“ Das heißt nicht, dass ich die Inspiration oder Un­fehlbarkeit der Bibel in Frage stellte. Niemals! Doch ich stelle mich aufrichtig den Problemen und fra­ge: „Was bedeutet das?“

Lass mich das veranschaulichen. In Johannes 13,31.32 sagt Jesus:

Als er nun hinausgegangen war, spricht Jesus: Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und sogleich wird er ihn verherrlichen. (Joh 13,31.32)

Liest man über diese Verse nur einmal flüchtig hinweg, erscheinen sie wie ein Wirrwarr von heiligen Wörtern. Wenn wir dann weiterlesen und diese Sätze einfach hin­ter uns lassen, weil sie uns zu hoch erscheinen, werden wie sie nie verstehen. Aber wenn wir innehalten und uns die Zeit nehmen, uns mit dem Problem zu beschäftigen und uns fragen, was das bedeutet und nach Antworten suchen, werden wir schließlich zu folgendem Verständ­nis von diesem Abschnitt gelangen: Jesus sprach im Vo­rausblick auf Golgatha. Dort wurde er durch sein voll­brachtes Werk verherrlicht und ebenso wurde Gott da­durch verherrlicht. Das „Wenn“ ist ein ursächliches „Wenn“ und bedeutet so viel wie „da“ oder „weil“. Da Gott verherrlicht ist durch das Opfer des Heilands, wird Gott auch den Herrn Jesus selbst verherrlichen, und zwar „in ihm“, d.h. in Gottes Gegenwart. Und er wird dies unverzüglich tun. Er verherrlichte ihn, indem er ihn von den Toten auferweckte und ihn im Himmel zu seiner Rechten setzte.

Lerne

Lies den Abschnitt mehrmals durch, lerne ihn am besten auswendig, bis deine Gedanken durch und durch mit dem Wort Gottes gesättigt sind. Beim Nachsinnen über den Abschnitt wird dir oft ein Licht aufgehen. Und dir werden weitere Verse einfallen, die diesen Abschnitt erklären oder ergänzen.

Verschiedene Übersetzungen

Lies den Abschnitt in so vielen verschiedenen gu­ten Übersetzungen wie möglich. Auch Übertragungen in Umgangssprache können hilfreich sein, die Bedeutung eines Verses ans Licht zu bringen. Hier einige Verse aus der Lutherbibel, verglichen mit der Elberfelder:

Kolosser 1,28.29 nach Luther:

Den verkündigen wir und vermahnen alle Menschen und lehren alle Menschen mit aller Weisheit, auf daß wir darstellen einen jeglichen Menschen vollkommen in Christo Jesu; daran ich auch arbeite und ringe, nach der Wirkung des, der in mir kräftig wirkt. (Kol 1,28.29)

Kolosser 1,28.29 nach der Elberfelder:

den wir verkündigen, indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen lehren in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen; wozu ich mich auch bemühe, indem ich kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft. (Kol 1,28.29)

Kolosser 2,8 nach Luther:

Sehet zu, daß euch niemand beraube durch die Philosophie und lose Verführung nach der Menschen Lehre und nach der Welt Satzungen, und nicht nach Christo. (Kol 2,8)

Kolosser 2,8 nach der Elberfelder:

Gebt Acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie und <durch> eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus. (Kol 2,8)

Kommentare

Lies so viele gute Kommentare zu Bibelbüchern wie du nur finden kannst. Sei wie ein Fischkutter, der auf Jagd nach Beute überall seine Netze zieht und alles einfängt, was sich auf seiner Bahn befindet. Allerdings solltest du dich in Acht nehmen und Kommentare niemals die Stel­le der Bibel selbst einnehmen lassen. Und selbstver­ständlich musst du sie mit wachem Urteilsvermögen le­sen und alle Lehren an der Bibel selbst messen und an solchen festhalten, die sich als gut erweisen. Wie man so oft sagt: Iss die Orange, aber spucke die Kerne aus - oder: Iss das Hühnchen, aber lasse die Knochen übrig. Ich weiß, dass es einige liebenswürdige Christen gibt, die überzeugt sind, dass wir nur das Wort Gottes lesen sollten. Anscheinend sind sie stolz darauf, von jeglicher Hilfe von außen unabhängig zu sein. Und dadurch soll angeblich die Reinheit ihrer Lehre garantiert werden. Leuten mit einer solchen Einstellung gegenüber habe ich immer meine Bedenken und Vorbehalte. Erstens übersehen sie die Tatsache, dass Gott der Gemeinde Leh­rer gegeben hat, und da diese Gaben von Gott sind, sollten wir sie nicht verachten. Sie können ihren Dienst mündlich oder schriftlich ausüben, wir werden gleicher­weise davon profitieren. Außerdem liegt ein gewaltiger Wert im gemeinsamen Austausch mit anderen Gläubigen, die ebenfalls die Bi­bel studieren, mit denen wir unsere Auslegungen ver­gleichen können. Das hilft uns, nicht einseitig oder ex­trem zu werden. Häufig wird uns dieser Austausch und das Achten anderer davor bewahren, absurde Ansichten oder sogar Irrlehren anzunehmen. Junge Gläubige sollten versuchen, einen Betreuer zu haben. Das ist eine Person, die sowohl geistlich reif ist als auch die Bibel kennt. Es ist eine enorme Hilfe zum Wachstum in der Gnade und Erkenntnis, wenn man sich mit seinen Fragen und Problemen an solch einen Be­treuer wenden kann. Notiere dir hilfreiche Erklärungen, Illustrationen und Auslegungen. Man meint immer, man würde sich später daran erinnern, aber höchstwahrscheinlich wirst du die­se doch vergessen.
 

Rede

Diskutiere mit anderen Christen über auftretende ragen und versuche Antworten zu bekommen. Es ist wunderbar, wie der Herr auf ein jahrelanges, intensives Bielstudium antwortet.

Suche 

Suche weiter, bis du jemand anderem den Ab­schnitt simpel und knapp erklären kannst. Man be­herrscht einen Abschnitt erst dann, wenn man ihn klar und einfach erklären kann. Ausschweifende und tief­ schürfende Erklärungen verbergen oftmals, dass man in Wirklichkeit noch nicht begriffen hat, was das Wort tat­ sächlich sagt.

Gib weiter

Gib das Gelernte an andere weiter. Das verhilft dir, den Ertrag an Gedanken festzuhalten, um damit deinen Zuhörern zu helfen und sie zu erbauen.

Studiere mit Ziel

Studiere mit der Zielsetzung, dem Gelesenen zu gehorchen. Weiche den klaren Lehren der Schrift nicht aus. Denke daran, dass Gehorsam das Organ für geistli­che Erkenntnis ist.

Trenne Lehre niemals vom Leben

Die Bibel ist kein systematisches Theologie-Lehrbuch, das die Lehren ein­zeln präsentiert. Philipper 2,6-8 ist eine der großartigs­ten Passagen über die Person Jesu Christi, doch steht sie im Zusammenhang mit der Aufforderung an Christen, mehr an andere zu denken als an sich selbst. Das ist der Grund, weshalb jemand gesagt hat, dass jedes indikative Verb einen Imperativ beinhaltet (d.h. dass jedes be­schreibende Tuwort, wie z.B. „Jesus nahm Knechtsge­stalt an“, gleichzeitig ein Befehl ist, nämlich selbst eben­falls als Diener zu leben). Jede Erwähnung einer Tatsache ist gleichzeitig mit einer Aufforderung verbunden. Bloße Lehre ist kalt und ohne Leben. Sollen andere darüber streiten, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz fin­den - solche Spekulationen werden niemals zu einem geheiligten Leben führen.
 

[1] Frederick Brotherton Meyer, Abraham, Friend of God (London: Lakeland, 1974) S. 127.

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist