Jesus
Lexikon
Begriff | Definition |
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Jesus | ist die zentrale Figur des Neuen Testamentes und gleichzeitig der erwartete und vielfach im Alten Testament angekündigte Messias und damit die zentrale Gestalt des Christentums.
Der Name Jesus und die Bezeichnung Christus
Der Name Jesus ist die griechisch-lateinische Form des hebräischen Namens Josua bzw. Jeschua, [[[[3]]]] oder [[2]] und bedeutet Jahwe ist Rettung. Gott selbst bestimmte, dass sein einziger Sohn so benannt wurde (Mt 1,21; Lk 1,31; 2,21). Seitdem ist dieser Name, der über alle Namen ist (Phil 2,9), der einzige Name, durch den wir sollen selig werden (Apg 4,12).
Christus ist der Titel, die Amtsbezeichnung Jesu. Das griechische Wort christos ist die Übersetzung des aramäischen meschicha bzw. des hebräischen maschiach und bedeutet der Gesalbte (Messias). Priester und Könige wurden in Israel durch eine Salbung mit Öl feierlich in ihr Amt eingesetzt (2. Mo 29,7; 1. Sam 10,1). Die Bezeichnung der Gesalbte wurde zunächst für den König gebraucht (vgl. 1. Sam 24,7). Darüber hinaus kündigen die Propheten einen kommenden König aus Davids Geschlecht an, einen Gesalbten, der – Priester und König in einem – alles das erfüllen wird, was Israel von einem wahren Friedenskönig erwartet. Von dieser Erwartung handeln die messianischen Weissagungen (vgl. Ps 110; Ps 132; Jes 9,5f; 11,1.2; Jer 23,5.5; Mi 5,1; Sach 9,9-11).
So ist der Doppelname Jesus Christus zugleich das kürzeste Bekenntnis der Christenheit: Jesus von Nazareth ist in seiner Person der verheißene Christus, also der Messias.
Jesu vorweltliches Sein
Obwohl die Bibel im Gegensatz zu anderen Religionen (etwa im indischen Raum) sonst keine Spekulationen über eine frühere Existenz des Menschen vor seiner irdischen Geburt kennt, berichtet sie von einer sogenannten Präexistenz Jesu, seines Vorhandenseins, bevor die Welt erschaffen wurde. In begreifliche Erregung versetzt Jesus die Juden mit seiner Beteuerung: »Ehe Abraham wurde, bin ich« (Joh 8,58). Er war am Anfang »bei Gott« und ist das schöpferische Wort, durch das alle Dinge geschaffen sind (Joh 1,1-3). So konnte Jesus von einer Herrlichkeit sprechen, die er bei dem Vater hatte, »ehe die Welt war«, und wusste sich vom Vater geliebt, »ehe der Grund der Welt gelegt war« (Joh 17,5.24). Auch für Paulus stand es fest, dass Jesus Christus in seinem vorweltlichen Sein »in göttlicher Gestalt« war. Er betont, dass Jesus diese Gottgleichheit nicht als Besitz ansah, auf den er nicht verzichten wollte, sondern sie wegen seines großen Auftrags auf der Erde zurückließ und aufgab (Phil 2,5-11).
Jesu Menschwerdung
Paulus beschreibt die Selbstaufgabe und die Selbsterniedrigung Jesu (Phil 2,6-8). Um die Menschen retten zu können, ließ er die göttliche Existenzweise für die Zeit seines irdischen Lebens ganz zurück (Selbstentäußerung) und nahm eine menschliche Wesensbeschaffenheit an, die sich nicht von der anderer Menschen unterschied (Erniedrigung). Die in den späteren altkirchlichen und reformatorischen Bekenntnissen so klar herausgestellte volle Gottheit und zugleich volle Menschlichkeit Jesu hat in der Bibel ihren zuverlässigen Grund. Mit seiner Menschwerdung (Inkarnation) begann sein Weg des Gehorsams, der ihn bis zum Kreuz führte, wo er schließlich starb (seine Selbsterniedrigung).
Dieses Ereignis, dass ein Gottessohn Mensch wird, lässt sich verstandesmäßig gar nicht ganz erfassen, sondern wird wohl immer auch den Anklang eines göttlichen Geheimnisses haben.
Das Übernatürliche seiner Geburt (Mt 1,18-20; Lk 1,30-35) kommt in jener Wendung zum Ausdruck: »empfangen vom Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria«. Hier findet sich beides im direkten Nebeneinander: Gottessohn und Menschensohn, eigentlich ein sich ausschließender Gegensatz, der dennoch für ein und dieselbe Person gilt.
»Als aber die Zeit erfüllt war« (Gal 4,4), wird Jesus Christus in Bethlehem geboren (Lk 2,1ff), nach chronologischen Berechnungen zwischen den Jahren 8 oder 7 und 4 vor unserer Zeitrechnung. Engel verkünden zuerst schlichten Menschen, Hirten nämlich, das Wunder der Geburt dessen, der die Welt retten wird, und stimmen darüber das »Ehre sei Gott in der Höhe« an. Und selbst Magier aus der Ferne der östlichen Völkerwelt reisen an, um das Neugeborene anzubeten und ihm Geschenke zu bringen (Mt 2,1-12).
Jesu Auftrag und Werk
Jesu Wort am Kreuz »Es ist vollbracht« (Joh 19,30) deutet die große Aufgabe an, die Christus zu erfüllen hatte. Er sollte Gottes Ziel verfolgen, seine Beziehung zu den Menschen wieder aufzunehmen, die durch die Abwendung des Menschen gestört war. Wer an ihn glaubte, sollte das ewige Leben bekommen (Joh 3,16). Diesen Auftrag auszuführen, den er von Gott übertragen bekommen hatte, darin sah er Sinn und Inhalt seines Lebens (Joh 4,34; 5,36; 17,4). 1. Kor 15,45.47 sagt über Jesus, er sei der letzte Adam, der zum Geist (wurde), der lebendig macht, und der zweite Mensch (1. Kor 15,45.47), an dem wieder sichtbar wird, was der Mensch in seinem Verhältnis zu Gott sein soll. Er ist völlig frei von Sünde (Joh 8,46; 2Kor 5,21; 1Petr 2,22; Hebr 7,26f; 9,14), und vollkommener Gehorsam, Hingabe und Vertrauen gegenüber dem Vater zeichnen ihn aus (Mt 26,39.42; Phil 2,8; Hebr 5,8). Er ist gekommen, um in seiner Person Gott und Mensch zu versöhnen (2Kor 5,17ff), damit Menschen durch ihn wieder zum Vater kommen können (Joh 14,6; Hebr 7,25; 10,20). Dieses Versöhnungswerk schließt zwei Leistungen mit ein: Christus zerstört die Werke des Teufels (1Joh 3,8) und nimmt dem Tod die Macht (2Tim 1,10).
Öffentliche Wirksamkeit
Es ist nicht ganz einfach, ein klares historisches Bild über Jesu öffentliche Wirksamkeit zu gewinnen. Zu verschieden ist die Auswahl der Berichte, die wir in den Evangelien finden. Es war verständlicherweise auch gar nicht die Absicht der Autoren, Biografien von Jesus zu verfassen. Sie wollten festhalten, was Jesus getan und gepredigt hatte, um damit zum Glauben einzuladen.
Praktisch das gesamte öffentliche Wirken Jesu fand in Palästina statt. Nur wenige Reisen in das Gebiet außerhalb Palästinas werden berichtet.
Die Taufe
Jesu Taufe durch Johannes ist das Ereignis, das besonders deutlich den Beginn seines Wirkens bezeichnet. Warum Jesus sich taufen ließ, obwohl er frei von Sünde war, ist viel diskutiert. Vielleicht wollte er sich mit dem identifizieren, wofür Johannes eintrat: ein »Bekenntnis« zu dem gereinigten und erneuerten Israel, das Johannes forderte und dessen Ideale auch ein wichtiges Element in Jesu eigener Predigt bilden sollten. Was auch immer Jesu Absicht war – während seiner Taufe zeichnet sich die entscheidende Rolle Jesu im Erlösungsplan Gottes deutlich ab, als der Heilige Geist sichtbar auf ihn herabkommt und ihn eine Stimme vom Himmel anspricht.
Die Versuchung
Die gleich darauf folgende Versuchung machte im Grunde gleich deutlich, was es hieß, der »Sohn Gottes« zu sein. Sie stellte seine eigene Beziehung zu Gott auf die Probe. Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln, sollte die Fürsorge und Weisheit seines Vaters infrage stellen und anzweifeln, ob er auch für diese Zeit des Fastens sorgte. Die Versuchung, sich von der Zinne des Tempels hinabzuwerfen, sollte den Vater zwingen, den Schutz seines Sohnes unter Beweis zu stellen, statt dass seine Fürsorge im Vertrauen angenommen wurde. Die dritte Versuchung sollte die notwendige unerschütterliche Treue des Sohnes gegenüber seinem Vater ins Wanken bringen. Und Jesus erweist sich durch seine Standhaftigkeit in herausfordernden Situationen als wahrer Sohn und festigt sein Verständnis von seiner einzigartigen Stellung. Diese Begegnung mit dem Satan stand im Brennpunkt einer entscheidenden Zeitspanne, die der Vorbereitung für Jesu Lebensaufgabe diente.
Wirken in Galiläa
Jesus und seine Jünger lebten ohne finanzielle Absicherung und zogen predigend und heilend durchs Land. Sie wurden von verschiedenen Leuten unterstützt (Mt 10,8-11; Lk 8,3), und Jesus lehrte seine Jünger, im Blick auf materielle Bedürfnisse Gott zu vertrauen (Mt 6,24-34). In der ersten Zeit seines Wirkens wurde er eingeladen, in Synagogen als Gastlehrer zu sprechen (Mk 1,29.39; Mt 9,35; Lk 4,16-27). Später wird das Lehren in einer Synagoge jedoch nicht mehr erwähnt. Vielleicht erschien seine radikale Lehre unannehmbar? Stattdessen hielt Jesus seine Predigten unter freiem Himmel und widmete seine Zeit zunehmend der Unterweisung seines engsten Jüngerkreises.
Berufung seiner Mitarbeiter
Für einen Prediger oder Lehrer war es im Neuen Testament nicht ungewöhnlich, dass er Jünger um sich sammelte, die ihn begleiteten. Nicht nur Johannes hatte solche Schüler, auch die Pharisäer waren von Anhängern umgeben, und sie selbst waren stolz darauf, Jünger des Mose, seine Schüler und Nachfolger zu sein (Joh 9,28). Nachdem Jesus seine ersten Jünger persönlich eingeladen hatte, ihm zu folgen (Mk 1,16-19; 2,13.14), berief er weitere Mitarbeiter. Nach einer langen durchwachten und durchbeteten Nacht wählt er aus ihnen schließlich zwölf sogenannte Apostel aus, deren Aufgabe es war, bei Jesus zu sein, zu predigen und in Vollmacht Kranke zu heilen und Teufel auszutreiben (Mk 3,14.15; Mt 10,1). Die Nachfolge bestand in einer vorbehaltlosen und exklusiven Hingabe an Jesus, die auch seinen einfachen Lebensstil und die Bereitschaft einschloss, um seinetwillen verfolgt und ausgestoßen zu werden (Mt 10,16-39). Nicht nur dieser hohe Anspruch, den Jesus an seine Jünger stellte, auch die Leitung dieser Truppe, deren Mitglieder sich in Charakter und Herkunft total unterschieden, spricht für die Autorität und Anziehungskraft Jesu und seiner Lehre.
Seine soziale Haltung
Ein immer wieder vorgebrachter Einwand der jüdischen Oberschicht gegen Jesus war seine Gewohnheit, mit zweifelhaften Leuten, besonders mit Zöllnern und Sündern, Umgang zu pflegen und sogar Mahlzeiten zu halten. Jesus verteidigte sein Handeln jedoch als unverzichtbar für seinen Dienst (Mk 2,17). Er wandte sich Frauen, die von anderen gemieden wurden, freundlich zu und sprach mit ihnen (Lk 7,36-50; Joh 4,7ff). Mit Heiden kam Jesus nur selten in Berührung, aber seine Lehre machte deutlich, dass er Heiden nicht als minderwertig betrachtete, sondern ihnen einen Platz neben den Juden in Gottes Heilsplan zuwies (Mt 8,11.12; Lk 4,25-27). Diese Weigerung, sich durch konventionelle gesellschaftliche Schranken behindern zu lassen, kennzeichnet auch seine Beziehung zu Reichen und Armen. Seine Predigt wurde von den Armen anerkennend aufgenommen (Mt 11,5), während er andererseits auch wohlhabende und einflussreiche Nachfolger hatte und in gutsituierten Kreisen verkehrte (Lk 7,36; 14,1ff). In alldem ging es Jesus um die wirkliche – leibliche und geistliche – Not derer, denen er begegnete, und um solcher Not abzuhelfen, konnte er sich ohne Bedenken über Konventionen und Tabus hinwegsetzen.
Diskussionen über das Gesetz
Auseinandersetzungen Jesu mit den jüdischen religiösen Führern, besonders den Schriftgelehrten und Pharisäern, nehmen einen großen Teil der Evangelienberichte ein. Jesus besaß keine formelle Schriftgelehrtenausbildung (Joh 7,15), aber seine Lehrweise und sein Jüngerkreis ließen ihn in der Rolle eines Rabbi erscheinen, und an manchen Stellen wird er auch so angeredet. Der Inhalt seiner Lehre allerdings trennte ihn in vielen Punkten von der herkömmlichen Schriftgelehrsamkeit und bildete einen wichtigen Grund für die Feindschaft, die schließlich zu seinem Tod führte. Immer wieder hielt Jesus Streitgespräche über die Art, wie das Gesetz zu erfüllen war. Während die Pharisäer auf einer mündlichen Überlieferung beharrten, die die kleinsten Bereiche des Lebens regelte, kam Jesus immer wieder auf den eigentlichen Sinn des Gesetzes zurück. In der Bergpredigt geht Jesus radikal über den Wortlaut einer Vorschrift hinaus und schaut auf die Gesinnung, die hinter einer Handlung steht (Mt 5,21-48).
Die Wunder
Christliche und nichtchristliche Quellen bezeugen, dass Jesus seinen Zeitgenossen als Wundertäter bekannt war. Bei der Mehrzahl von ihnen handelt es sich um Heilungen, die als ein durchgehendes Merkmal seines Wirkens dargestellt werden (Mk 1,32-34; 3,7-11; 6,55.56; Lk 7,21-23). Obwohl sorgfältig davon unterschieden, sind mit den Heilungen oft Dämonenaustreibungen verbunden, ein Aspekt seines umfassenden Angriffs auf die Mächte des Bösen. Außerdem sind drei Fälle berichtet, in denen Jesus soeben Verstorbene ins Leben zurückrief. Der überwältigende Eindruck, den Jesus hinterließ, war der: Er besitzt Vollmacht über körperliche und geistliche Übel und erbarmt sich über Notleidende. Die Zahl der anderen Wunder Jesu ist verhältnismäßig gering, aber auch bei ihnen lässt sich in den meisten Fällen dasselbe Motiv des Handelns erkennen: eine spontane und unbefangene Reaktion auf eine bedrückende Not – so bei der Speisung hungriger Volksmengen, dem Beschaffen von Wein in einer Notlage, der Versorgung mit Fischen nach einer Nacht vergeblicher Arbeit und der Stillung des Sturmes auf dem See.
Seine politische Haltung
Die Anklage, aufgrund der Jesus schließlich verurteilt wurde, lautete auf politischen Aufruhr (Lk 23,2): er habe beansprucht, König der Juden zu sein. Obwohl dieser Titel in seinen Reden nie vorkommt, sprach Jesus doch oft vom Reich Gottes als dem Ziel seiner Sendung, und das konnte leicht missverstanden werden. Die anfängliche Begeisterung für ihn entsprang denn wohl auch zumindest zum Teil der Hoffnung, er würde einen Aufstand gegen Rom anführen (Joh 6,14.15). Aber Jesus war sorgfältig darauf bedacht, Missverständnisse hinsichtlich des Wesens seiner Sendung zu korrigieren (Mk 8,27-38; 12,35-37; 14,61.62). Er vermied Publicity und öffentliche Auftritte bis zur letzten Woche seines Wirkens. Jesu offen ausgesprochene Kritik an der jüdischen Nation seiner Tage, die er wegen ihrer Ablehnung der Boten Gottes ihrem endgültigen Gericht in Gestalt der nahen Zerstörung Jerusalems entgegengehen sah, ist mit nationalistischen Sympathien ganz unvereinbar. Die Umstände seines Wirkens setzten ihn unvermeidlich politischen Verdächtigungen aus; es tritt jedoch klar zutage, dass er selbst andere Absichten hatte.
Einzug in Jerusalem
Seinen letzten Besuch in Jerusalem unternahm Jesus mit dem Wissen, dass er zur endgültigen Konfrontation mit den Behörden führen und in seinem eigenen Tod gipfeln würde (Lk 13,33; 18,31-33). Jesu Ankunft dort war mit Absicht dramatisch. Anstatt unbemerkt inmitten Tausender von Pilgern anzukommen, die zum Passafest anreisten, inszenierte er einen aufsehenerregenden Ritt in die Stadt auf einem Esel. Das war ein sichtbarer Hinweis auf Sach 9,9f, die prophetische Ankündigung des Königs, der auf einem Esel in Jerusalem einziehen sollte. Die Absicht des Einzugs war eindeutig, einen messianischen Anspruch zu erheben.
Das letzte Mahl
Das Abschiedsmahl, das Jesus mit seinen Jüngern hielt, war ebenfalls eine im voraus geplante Handlung (Mk 14,2-6). Während des Mahles gab Jesus seinen engsten Jüngern wichtige letzte Anweisungen angesichts seines bevorstehenden Sterbens und kündigte auch an, dass er durch einen aus ihren Reihen verraten werden würde. Den Höhepunkt des Mahles aber bildete das symbolische Mitteilen von Brot und Wein, die er als Zeichen dafür gab, dass sein bevorstehender Tod eine Erlösungstat für seine Jünger, und über sie hinaus für »viele«, sein sollte. Diese symbolische Handlung war die klarste Aussage, die Jesus je über die sühnende Wirkung seines Todes gemacht hat. Sie setzte auch allen Zweifeln ein Ende, die seine Jünger vielleicht noch daran haben mochten, ob seine Hingabe in den Tod wirklich der Wille seines himmlischen Vaters für ihn war.
Gerichtsverhandlung und Tod
Jesus wurde in aller Stille nachts am Fuße des Ölbergs gefangen genommen. Judas als eingeweihter Informant ermöglichte es den Behörden, ihn zu erkennen. Jesus lehnte es ab, sich der Verhaftung zu entziehen oder zu widersetzen, und nahm sie nach seinem Hingabegebet in Gethsemane als Willen Gottes an. Seine Verhandlung bestand aus einer Reihe von Verhören während dieser Nacht und des folgenden Morgens. Ein erstes, vermutlich ganz inoffizielles Verhör vor dem ehemaligen Hohen Priester Hannas brachte kein formelles Ergebnis (Joh 18,12-13). Es folgten zwei Vernehmungen vor Kaiphas und dem Hohen Rat, wo der offizielle Urteilsspruch gefällt wurde, dass Jesus der Gotteslästerung schuldig sei. Darauf stand nach jüdischem Recht die Todesstrafe. Deren Verhängung war jedoch zu jener Zeit dem römischen Präfekten vorbehalten; außerdem war Gotteslästerung nach römischem Recht kein zulässiger Grund für eine Anklage. Als Jesus Pilatus übergeben wurde, lautete die Anklage deshalb auf Volksaufwiegelung, die auf den Gebrauch des Titels »König der Juden« gegründet wurde. Pilatus wollte ein Urteil über den Fall gern vermeiden, aber schließlich wurde Jesus zur Kreuzigung verurteilt. Sie war sonst die Todesstrafe für einen kriminellen Sklaven oder auch für einen Aufrührer gegen die kaiserliche Macht. Die öffentlich zur Schau gestellten Todesqualen waren bewusst als Abschreckungsmittel gegen andere potentielle Aufrührer gedacht und nicht unüblich in jenen Tagen. Das Ungewöhnliche an ihr war, wie Jesus sie ertrug. Trotz der brutalen Grausamkeit der römischen Geißelung, der Verspottung durch die Soldaten, trotz der Last des schweren Kreuzesbalkens und der Kreuzigung selbst ist der Inhalt der am Kreuz gesprochenen Worte Vergebung und Sorge für andere und ein Gebet zu seinem Vater. Seine Haltung beeindruckte den römischen Hauptmann und sogar einen der Mitgekreuzigten (Mk 15,39; Lk 23,40-42). Ungewöhnlich war auch die Schnelligkeit seines Todes. Offenbar starb Jesus durch einen bewussten Willensakt (Lk 23,46). Sein letzter Ruf: Es ist vollbracht (Joh 19,30) zeigt ihn nicht als ein Opfer der Geschehnisse, sondern in voller Herrschaft über die Situation, als zielbewusst Handelnden in einem Drama von entscheidender Bedeutung.
Auferstehung und Himmelfahrt
Dass Jesu Grab an dem der Kreuzigung folgenden Sonntagmorgen leer vorgefunden wurde, wird in unterschiedlicher Weise von allen vier Evangelien bezeugt und kann historisch nicht ernsthaft angefochten werden. Die Evangelien und Paulus (1Kor 15) bezeugen zusammengenommen wahrscheinlich elf verschiedene Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus in der Zeit unmittelbar nach jenem Sonntagmorgen. Dass es Begegnungen vielfältiger Art waren, dass sie meist ganz unerwartet eintraten und ganz unterschiedliche Gruppen betrafen – von Einzelpersonen bis zu einer Gruppe von mehr als 500 –, das alles macht es unmöglich, sie als Halluzination abzutun, und lässt es ganz unwahrscheinlich erscheinen, dass es sich hier um irgendeine abgekartete Sache zum Zwecke eines frommen Betrugs gehandelt haben sollte.
Aus diesen Gründen gelangten die Christen zu der Überzeugung, dass Jesus leiblich vom Grab auferstanden ist, mit einem Körper, der von zeitlichen und räumlichen Schranken befreit war: Er konnte durch verschlossene Türen gehen, plötzlich erscheinen und verschwinden. Doch er war physisch ganz real, konnte Brot brechen und essen und wurde sogar mit einem Gärtner oder Wandergefährten verwechselt. Einige Wochen lang erschien Jesus auf diese Weise wiederholt seinen Jüngern: Er lebte nicht mit ihnen zusammen oder reiste mit ihnen, sondern kam zu ihnen in einzelnen Begegnungen. Nachdem er sie so von seinem Sieg über den Tod überzeugt und ihnen versichert hatte, dass sie auch weiterhin auf seine Gegenwart und Hilfe vertrauen konnten, auch wenn er physisch abwesend war, verließ er sie in einer Weise, die deutlich zeigte, dass seine leibliche Gegenwart nicht länger notwendig war (Apg 1,9-11). Es war ihre zukünftige Aufgabe, den Dienst weiterzuführen, den er begonnen hatte und in dem er immer im Geist bei ihnen sein würde (Mt 28,18-20). Die Notwendigkeit seines Leidens und Sterbens war ein durchgehendes Thema der Lehre Jesu. Ziel seines Todes war, das letztgültige Opfer zu sein, das die Vergebung der Sünden und die Wiederherstellung der Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch ermöglichen und so die Auflehnung des Menschen beenden und das Reich Gottes herbeiführen würde.
Mehrmals nennt das Neue Testament Jesu jetzige Existenz »erhöht« und beschreibt, dass er sich »zur Rechten Gottes« setzte, dem Ausdruck für sein unumschränktes Herrsein und seine göttliche Vollmacht: »Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden« (Mt 28,18). Christus muss sein königliches Regiment ausüben, bis alle seine Feinde überwunden sind (1Kor 15,25). In dieser Hoheitsstellung ist er das Haupt aller irdischen und himmlischen Mächte sowie der Gemeinde (Eph 1,21-23; Kol 2,10). Mit seiner Erhöhung hat Christus die Rechte eines Hohen Priesters übertragen bekommen, der einmal jährlich in das Allerheiligste des Tempels ging, um dort für die Sünden des Volkes zu opfern. Nach Hebr 5,5 gilt Christus als der ewige Hohe Priester der Gemeinde Gottes, der nicht wie die alttestamentlichen Hohen Priester jedes Jahr neu, sondern ein für alle Mal die Sünder der Menschen getragen und damit die Versöhnung ermöglicht hat, da er nicht in das irdische, sondern in das himmlische Allerheiligste eingegangen ist. Dort tritt er nun als Anwalt der Gemeinde vor Gott (Röm 8,34; 1Joh 2,1; Hebr 7,25-27; 9,24).
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Synonyme:
Jeschua, Jehoschua, Joschua |