Der Brief des Apostels Paulus an Philemon - Geistliche Gleichwertigkeit und echte Vergebung

Paulus verfasst ein Empfehlungsschreiben für einen entlaufenen Sklaven.
Philemon besaß einen Sklaven mit Namen Onesimus, der nach Rom flüchtete, wo er schließlich dem Apostel Paulus begegnete und sich bekehrte. Paulus sandte Onesimus daraufhin mit einem Brief zurück zu Philemon. Dieser Brief gewährt uns aufschlussreiche Einblicke in die Sklaverei der Antike und zeigt uns, wie aus einem Sklaven, den man als Eigentum betrachtete, plötzlich ein „Bruder in Christus“ wird (Phim 1,16).

Autor und Abfassungszeit

Verfasst von Paulus während seiner Gefängniszeit in Rom ca. 60 bis 62 n. Chr.
Mit den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser gehört der Philemonbrief zu den Gefangenschaftsbriefen. Der Brief gibt den Apostel Paulus als Autor an (Phim 1,1.9.19). Diese Behauptung wurde in der Kirchengeschichte nur selten in Frage gestellt und bereits die Kirchenväter (z.B. Hieronymus, Chrysostomus und Theodor von Mopsuestia) verteidigten frühzeitig und unbestritten die Autorschaft von Paulus. Der erste Kanon des Neuen Testamentes, der muratorische Kanon (ca. 170 n. Chr.), enthält den Philemonbrief. Zu biografischen Informationen über Paulus. Häufig auftauchende Fragen im Römerbrief „Wer war Paulus?“.

Schlüsselpersonen 

  • Paulus - schrieb Philemon und bat ihn, Onesimus zu vergeben und ihn als einen Bruder in Christus wieder anzunehmen (Phim 1,1-25)
  • Philemon - einflussreicher und geschätzter Gläubiger in der Gemeinde zu Kolossä, ehemaliger Herr des Sklaven Onesimus (Phim 1,1-25)
  • Onesimus - entlaufener Sklave, der Christ wurde nachdem er Paulus in Rom begegnet ist (Phim 1,10-22)

Hintergrund und Umfeld

Philemon, ein bekannter und geschätzter Christ in der Gemeinde zu Kolos-sä, war unter dem Wirken von Paulus wahrscheinlich einige Jahre zuvor in Ephesus (Phim 1,19) errettet worden. Er war so wohlhabend, dass er ein großes Haus (vgl. Phim 1,2) und mindestens einen Sklaven besaß, einen Mann namens Onesimus.
Als Onesimus Geld von Philemon entwendete und fortlief, war er noch nicht gläubig (Phim 1,18). Wie unzählige Tausende anderer ausgerissener Sklaven f oh Onesimus nach Rom und versuchte dort, unter den anonymen Sklaven unterzutauchen, von denen es dort wimmelte. Durch nicht näher überlieferte Umstände lernte Onesimus in Rom Paulus kennen und wurde Christ. Der Apostel gewann den weggelaufenen Sklaven schon bald lieb (Phim 1,12.16) und hätte Onesimus gern bei sich in Rom behalten (Phim 1,13), wo er Paulus in seiner Gefangenschaft wertvolle Dienste leistete (Phim 1,11). Doch durch seinen Diebstahl und sein Weglaufen hatte Onesimus sowohl gegen das römische Gesetz verstoßen als auch seinen Herrn Philemon betrogen. Paulus wusste, dass diese Dinge geklärt werden mussten und entschied, Onesimus nach Kolossä zurückzuschicken. Allein zu reisen, wäre für ihn zu riskant gewesen (wegen der Gefahr von Sklavenfängern), und daher schickte Paulus ihn zusammen mit Tychikus, der mit dem später so bezeichneten Kolosserbrief nach Kolossä zurückkehrte (Kol 4,7-9). Zusammen mit Onesimus sandte Paulus Philemon diesen wunderschönen persönlichen Brief, mit dem er ihn bat, Onesimus zu vergeben und ihn als Bruder in Christus wieder in den Dienst aufzunehmen (Phim 1,15-17).4. Schlüssellehren Vergebung - Christus ist unser vollkommenes Vorbild, wenn es um Vergebung geht (Phim 1,16-17; Mt 6,12-15; 18,21-35; Eph 4,32; Kol 3,13) 
Gleichheit/Gleichwertigkeit - das Christentum half das Übel des Sklaventums zu lindern, indem sich die Herzenseinstellung bei Herrn und Sklaven gleichermaßen zum Guten veränderte. Es wurde vor allem Wert darauf gelegt, dass Herren und Sklaven geistlich gesehen absolut gleichwertig waren (Phim 1,16; Mt 20,1-16; Mk 10,31; Gal 3,28; Eph 6,9; Kol 4,1; 1. Tim 6,1.2)

Gottes Wesen 

  • Gott ist vergebend (Phim 1,16.17)
  • Gott ist unparteiisch (Phim 1,16)

Christus 

Die Beziehung zwischen Paulus, Philemon und Onesimus spiegelt auf wunderbare Weise Christi Mittlerschaft zwischen dem Vater und den Menschen wider. Paulus nahm Onesimus Strafe freiwillig auf sich, um dadurch die Beziehung zwischen Philemon, seinem früheren Herrn, und Onesimus wieder herzustellen. Paulus Mittlerdienst verdeutlicht die Kraft, die uns als Christen von Gott verliehen wurde, um Barmherzigkeit zu üben und Gnade walten zu lassen.

Gliederung

Gruß (Phim 1,1 - 3)
Der Charakter des Vergebenden (Phim 1,4 - 7)
Das Verhalten des Vergebenden (Phim 1,8 - 18)
Die Motive des Vergebenden (Phim 1,19 - 25)

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10. Häufig auftauchende Fragen

1. Wer war Onesimus und warum schrieb Paulus Philemon einen Brief betreffend Onesimus?

Onesimus war ein Sklave des in der Gemeinde zu Kolossä bekannten und geschätzten Christen Philemon. Nachdem Onesimus die Flucht ergriff, führten glückliche bzw. gottgelenkte Umstände dazu, dass er in Rom auf den Apostel Paulus traf. Onesimus hatte sich zweier Verbrechen schuldig gemacht; 
  1. Er war ein entlaufener Sklave und 
  2. hatte er Geld gestohlen. 
Kurze Zeit nachdem Onesimus Paulus kennen gelernt hatte, wurde er Christ. Obwohl Onesimus dem Paulus in vielerlei Sicht wertvolle Dienste erwies, entschied er sich dessen ungeachtet, ihn zu Philemon zurückzuschicken. Tychikus eskortierte ihn auf seiner Rückreise und gemeinsam überbrachten sie ein von Paulus persönlich und eigenhändig verfasstes Erklärungsschreiben hinsichtlich Onesimus’ Flucht. Der wohlhabende Mann aus Kolossä stand in Paulus’ Schuld, denn Paulus war derjenige, der ihm die rettende Botschaft des Evangeliums verkündete. Paulus scheute sich auch nicht, ihm diese „Schuld“ in Erinnerung zu rufen, um ihn darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es war, diesem entlaufenen Sklaven zu vergeben und ihn wieder anzunehmen.
Der Philemonbrief liefert wertvolle historische Informationen über die Sklaverei in neutestamentlicher Zeit. Es gilt zu beachten, dass dieses grausame System seitens des Christentums nie direkt angegriffen wurde. Es wurde vielmehr von innen nach außen revolutioniert, indem sich die Beziehung zwischen Herren und Sklaven radikal veränderte (siehe auch Hintergrund und Umfeld zum Phi-lemonbrief).

2. Was unternahm Paulus, um das Verhältnis zwischen Philemon und Onesimus zu bereinigen?

Paulus stellte Onesimus seinem früheren Herrn Philemon als „mein Sohn im Glauben“ vor (Phim 1,10). Onesimus bekehrte sich während seiner Zeit in Rom, als er Paulus dort kennen gelernt hatte. Sein Name war sehr gebräuchlich für einen Sklaven - Onesimus bedeutet „der Nützliche“ - und so erlaubte sich Paulus ein kleines Wortspiel (Phim 1,11), das im Grunde besagt: „Nützlich war einst unnütz, ist jetzt aber nützlich.“ Paulus stellt damit heraus, dass die Gnade Gottes Onesimus radikal umgestaltet hat. In Christus hatte er jetzt ein neues Leben.
Der Apostel hinterfragte Onesimus legale Stellung gegenüber Philemon in keinerlei Weise (Phim 1, 16), im Gegensatz dazu forderte er aber Philemon zu einer völlig neuen Beziehung gegenüber seinem Sklaven heraus. Er erwartete von Philemon nicht, Onesimus freizulassen (vgl. 1. Kor 7,20-22), sondern, dass er seinen Sklaven nun als einen Mitgläubigen aufnehme (vgl. Eph 6,9; Kol 4,1; 1. Tim 6,2). Der christliche Glaube hat nie versucht, die Sklaverei abzuschaffen, sondern hat sich vielmehr für gerechte und gütige Beziehungen zwischen Sklaven und Herren eingesetzt. Bei ihrem gemeinsamen Dienst für Gott sollten der Herr und sein Sklave eine geistliche Einheit und Gemeinschaft erleben.
Von Philemon wurde erwartet, seinem Sklaven zu vergeben; damit das aber auch wirklich geschehen konnte, musste erst noch eine Schuld beglichen werden. Paulus war sich darüber völlig im Klaren, dass die Sache mit dem ursprünglichen Diebstahl sowie der durch Onesimus’ Abwesenheit verursachte Verlust abgegolten werden musste. Falls Philemon Anspruch auf Entschädigung stellen würde, war Paulus bereit, für den entstandenen Schaden aufzukommen. In diesem Zusammenhang erinnerte er Philemon aber auf eine feine Weise, dass auch er in seiner Schuld stand.

11. Kurzstudium 

  • Wie stellt sich Paulus in diesem Brief zur Sklaverei?
  • Auf welches Prinzip verweist Paulus, wenn er Philemon auffordert, Onesimus zu vergeben?
  • In welchem Ton schreibt Paulus diesen Brief?
  • Wie würdest du vorgehen, wenn du zwischen Paulus, Philemon und Onesimus vermitteln müsstest, um evtl. Spannungen zu vermeiden und jeden zufrieden zu stellen?

Impressum

John F. MacArthur
1. Auflage 2003
© 2001 by John MacArthur
Originaltitel: The MacArthur Quick Reference Guide To The Bible
Nelson / Word Publishing Group, Nashville
© der deutschen Ausgabe 2003
by CLV • Christliche Literatur-Verbreitung
Postfach 11 01 35 • 33661 Bielefeld
Internet: www.clv.de 
Übersetzung: Martin Manten, Berlin
Lektorat: Claudia Kreutzer und Gabi Manten
Satz: CLV
Umschlag: Dieter Otten, Gummersbach
Druck und Bindung: Ebner & Spiegel, Ulm
ISBN: 3-89397-644-2

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist