Der zweite Brief des Apostels Johannes - Unterricht in Sachen Gastfreundschaft
Der zweite Johannesbrief ist der einzige ntl. Brief, der sich ausdrücklich an eine Frau richtet.
Selbst eine Kurznotiz von einem der ursprünglichen Jünger ist von unschätzbarem Wert - v. a. wenn sie vom Heiligen Geist inspiriert wurde. Es ist der kürzeste Brief im Neuen Testament; ein einziges Blatt Papyrus bot schon genügend Platz. Johannes packte nur dringende Ermutigungen und unerlässlich Warnungen in diesen Kurzbrief. Er hätte bestimmt noch viel mehr zu sagen gehabt, doch er hoffte, bald einen persönlichen Besuch abstatten zu können (1. Joh 1,12).
Autor und Abfassungszeit
In 2. Johannes 1,1 beschreibt er sich selbst als „der Älteste“; diese Formulierung passt sehr gut zu Johannes, denn einmal mehr schafft er es - wie in den meisten seiner Schreiben -, seinen eigenen Namen nicht zu erwähnen. Im Johannesevangelium nannte er sich „der Jünger, den Jesus liebte“ (Joh 13,23; 19,26; 20,2; 21,7.20). „Der Älteste“ bringt auch das fortgeschrittene Alter des Apostels zum Ausdruck, sowie seine Autorität und seinen Status in der Anfangszeit des Christentums.
Schlüsselpersonen
- Johannes - ein Apostel Jesu; im zweiten Johannesbrief betont er die Gemeinschaft der Christen und die Gastfreundschaft (1. Joh 1,1-13)
- Die auserwählte Frau - ein gläubige Frau und persönliche Bekannte des Johannes (1. Joh 1,1)
- Die Kinder der Frau - bezieht sich auf die Söhne und Töchter der auserwählten Frau (1. Joh 1,1)
Hintergrund und Umfeld
Der zweite Johannesbrief behandelt die gleichen Probleme wie 1. Johannes, richtet sich aber an ein anderes Publikum. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass sich 2. Johannes an eine bestimmte örtliche Gruppe oder an eine Hausversammlung richtet, wohingegen 1. Johannes keine spezielle Einzelperson oder Gemeinde als Adressaten erwähnt (1. Joh 1,1). Beide Briefe warnen vor den Gefahren des gnostischen Gedankenguts und den falschen Lehrern, die die Gemeinde bedrohten.
Der Kern des 2. Johannesbriefes ist, dass die falschen Lehrer einen Reisedienst unter Johannes Gemeinden ausübten. Sie versuchten, die Menschen zu sich zu bekehren, wobei sie sich christliche Gastfreundschaft zunutze machten, um ihre Absichten voranzutreiben (1. Joh 1,10.11). Die Person, die in der Begrüßung angesprochen wird (1. Joh 1,1), mag diesen falschen Propheten versehentlich oder unklugerweise Gastfreundlichkeit erwiesen haben; möglicherweise war es auch nur eine Befürchtung von Johannes, dass sie ihre Freundlichkeit ausnutzen könnten (1. Joh 1,10.11). Der Apostel warnt seine Leser ernstlich, solchen Betrügern keine Gastfreundschaft zu erweisen (1. Joh 1,10.11). Obwohl seine Ermahnung oberflächlich betrachtet hart und lieblos erscheinen mag, rechtfertigt der äußerst gefährliche Charakter ihrer Lehren ein derartiges Vorgehen; besonders da die falschen Lehrer die Grundlagen des Glaubens zu zerstören drohten (1. Joh 1,9).
Schlüssellehren
- Gemeinschaft der Christen - die gesunde Lehre muss der Gemeinschaft als Prüfstein dienen und als Grundlage der Trennung zwischen den christlichen Bekennern und den wahrhaft Gläubigen (1. Joh 1,9-11; vgl. Röm 16,17; Gal 1,8.9; 2. Thes 3,6.14; Tit 3,10).
- Grundlagen des Glaubens - die Grundlagen des Glaubens können wie folgt zusammengefasst werden; ein Festhalten an der Wahrheit, Liebe und Gehorsam (1. Joh 1,4-6; Joh 13,34.35; 14,15.21; 15,10.12.17; 1. Thes 2,19.20; 1. Joh 2,7-11; 3,11; 4,7-12)
Gottes Wesen
- Gott ist Liebe (1. Joh 1, 1.6
- Gott ist Wahrheit (1. Joh 1,1.2.4)
Christus
Ähnlich wie im ersten Johannesbrief betont der Apostel die Identität Christi (1. Joh 1,7-11). Christi Menschsein zu leugnen bedeutet, sein Leiden im Leib und sein Opfer am Kreuz, mit dem er die Welt von der Sünde erlöste, zu leugnen 1. Joh 1,7.8).
Gliederung
Die Grundlage christlicher Gastfreundschaft (1. Joh 1,1-3)
Das Verhalten christlicher Gastfreundschaft (1. Joh 1,4-6)
Die Grenzen christlicher Gastfreundschaft (1. Joh 1,7-11)
Der Segen christlicher Gastfreundschaft (1. Joh 1,12.13)
Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Erde …
Ein Großteil Norddeutschlands wird immer noch von Barbaren besetzt. Nichtsdestotrotz erobern die Römer einen zwischen dem Rhein und der Donau gelegenen Teil des Schwarzwalds.
Häufig auftauchende Fragen
1. Warum ist es so wichtig, „Jesus Christus im Fleisch gekommen“ zu bezeugen (1. Joh 1,7)?
Johannes beabsichtigte, die Gemeinde zu stärken, so dass sie der gewaltigen Flut von Irrlehren Widerstand leisten konnte und nicht unterging. Ein Großteil der verbreiteten Irrlehren konnte auf die „Gnostiker“ zurückgeführt werden. Mehr Details zu diesem Thema findet man unter Häufig auftauchende Fragen im 1. Johannes: „Wie hilft uns der erste Johannesbrief dabei, uns ein Bild der zerstörerischen Irrlehre, die die Gemeinde des ersten Jahrhunderts bedrohte, zu machen?“.
Die Gnostiker lehrten, dass Materie böse und nur der Geist gut sei. Das führte dazu, dass man entweder den Körper sehr spartanisch behandelte, eine Form von Askese (Kol 2,21-23), oder dass man die Meinung vertrat, dass eine im Leib begangene Sünde keine Auswirkungen auf den Geist des Menschen habe. Kurz gefasst, diese Irrlehre versuchte einen Keil zwischen Geist und Leib zu treiben. Deshalb vertraten die Gnostiker auch die Ansicht, dass Jesus unmöglich zugleich Mensch und Gott sein konnte.
Die ganze Sache verschlimmerte sich noch mehr, als einige den Schluss zogen, (Johannes’ Gegner inbegriffen), dass im Leib begangene Sünden völlig irrelevant seien. Folglich konnte man sich jeder Unsittlichkeit hemmungslos hingeben. Es ging soweit, dass einige sogar die Existenz der Sünde bestritten (1. Joh 1,8-10) und Gottes Gesetz völlig missachteten (1. Joh 3,4). Johannes ließ sich jedoch durch diese Irrlehrer nicht beeindrucken und verkündete die Wahrheit „Jesus ist im Fleisch gekommen“ (1. Joh 1,7) um so klarer. Was Christen in ihrem physischen Leben anstellen, steht in direkter Verbindung zu ihrem geistlichen Leben. Deshalb hob Johannes die Notwendigkeit des Gehorsams gegenüber dem Gesetz Gottes hervor, denn er erklärte, dass wahre Liebe zu Gott im Gehorsam gegenüber seinen Geboten zum Ausdruck kommt (1. Joh 5,3). Jesus Christus lebte diese Liebe in vollkommener Art und Weise. Er ist unser Vorbild.
2. Welches Licht wirft Johannes Lehre über Wahrheit und Liebe auf die aktuelle Diskussion zum Thema „Einheit“ (1. Joh 1,4-6)?
Der zweite Johannesbrief steht im direkten Gegensatz zu dem oft gehörten Ruf nach Ökumene und Einheit der Christen. Liebe und Wahrheit sind im Christentum nicht voneinander zu trennen. Liebe muss immer von der Wahrheit begleitet werden (vgl. Eph 4,15). Liebe muss die Prüfung der Wahrheit bestehen können. Die Haupt lehre dieses Buches ist, dass die Wahrheit die Grenzen der Liebe bestimmt, und folglich auch die der Einheit. Deshalb muss erst die Wahrheit da sein, bevor die Liebe zusammenführen kann, denn die Wahrheit erzeugt Liebe (1. Petr 1,22). Wenn jemand Kompromisse bei der Wahrheit eingeht, sind echte christliche Liebe und Einheit zerstört. Wo die Wahrheit nicht die Grundlage der Einheit ist, existiert nur eine oberflächliche Sentimentalität.
Kurzstudium zum zweiten Johannesbrief/einige Fragen
- Wie verdeutlicht Johannes im Verlauf seiner Ausführungen das Hauptthema - „Liebe“ - dieses kurzen Briefes?
- Wie hebt Johannes die Wichtigkeit der Wahrheit hervor?
- Was veranlasst Johannes, diesen kurzen Brief voller Warnrufe zu schreiben?
- Welchen guten Rat gibt Johannes uns Christen im Hinblick auf unser Umfeld und auf die Beziehungen, die wir pflegen?
Impressum
John F. MacArthur
1. Auflage 2003
© 2001 by John MacArthur
Originaltitel: The MacArthur Quick Reference Guide To The Bible
Nelson / Word Publishing Group, Nashville
© der deutschen Ausgabe 2003
by CLV • Christliche Literatur-Verbreitung
Postfach 11 01 35 • 33661 Bielefeld
Internet: www.clv.de
Übersetzung: Martin Manten, Berlin
Lektorat: Claudia Kreutzer und Gabi Manten
Satz: CLV
Umschlag: Dieter Otten, Gummersbach
Druck und Bindung: Ebner & Spiegel, Ulm
ISBN: 3-89397-644-2