Der Brief des Judas - Das Profil eines Abgefallenen

Der Judasbrief ist ein eindringlicher Warnruf des Bruders des Herrn und fordert uns zur Standhaftigkeit auf.
Neben Jakobus war Judas der zweite Halbbruder Jesu (Mt 13,55; Mk 6,3), der einen neutestamentlichen Brief verfasste. Auch wenn Judas und seine anderen Halbbrüder Jesus als ihren Herrn anfänglich verwarfen (Joh 7,1-9) bekehrten sie sich doch alle nach seiner Auferstehung (Apg [[2]],14). Wie sein Bruder Jakobus spielte auch Judas nach Jesu Tod, Auferstehung und Himmelfahrt eine entscheidende Rolle in der Jerusalemer Gemeinde. Gemeinsam mit anderen Brüdern unternahm er auch Missionsreisen (1. Kor 9,5).

Autor und Abfassungszeit

Verfasst von Judas ca. 68 bis 70 n. Chr.
Der Name „Judas“ war zwar in Palästina sehr verbreitet (im Neuen Testament gibt es mindestens acht Personen dieses Namens), doch wird allgemein als gesichert angenommen, dass kein anderer als Judas, der Halbbruder Jesu, der Autor des Judasbriefes ist. Mehrere Überlegungen führen zu dieser Schlussfolgerung:
  • Judas bezeichnet sich als „Bruder des Jakobus“, der das Jerusalemer Konzil leitete (Apg 15) und der ein weiterer Halbbruder Jesu war (Jud 1; vgl. Gal 1,19)
  • Judas verwendet denselben Gruß wie Jakobus in seinem Brief (vgl. Jak 1,1)
  • Judas bezeichnet sich nicht als Apostel (Jud 1,1), sondern unterscheidet vielmehr zwischen den Aposteln und sich selbst (Jud 1,17). Diese Indizien schließen den anderen Hauptanwärter auf die Verfasserschaft, den Apostel Judas (nicht Judas Ischariot), den Sohn Jakobus (Lk 6,16; Apg 1,13), auch als Thaddäus bekannt, aus.
Die anfängliche Infragestellung seiner Kanonizität unterstützt tendenziell eine Abfassung nach dem 2. Petrusbrief. Judas zitiert 2. Pt 3,3 und bestätigt, dass diese Verse vom Apostel Petrus stammen (Jud 1,17-18). Hätte Petrus den Judasbrief zitiert, stünde dessen Kanonizität außer Frage, da Petrus damit dem Judasbrief apostolisch bestätigt hätte. Klemens von Rom (ca. 96 n. Chr.) und Klemens von Alexandria (ca. 200 n. Chr.) deuteten an, dass sie den Judasbrief für kanonisch halten.
Da Judas die Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) nicht erwähnt, obwohl der Judasbrief höchstwahrscheinlich nach dem 2. Petrusbrief geschrieben wurde (ca. 68-70 n. Chr.), gilt trotzdem als sicher, dass er vor der Zerstörung Jerusalems verfasst wurde.

Schlüsselpersonen

  • Judas - Ein Halbbruder Jesu Christi, der ihn anfänglich als Herrn verwarf, sich nach seiner Auferstehung aber bekehrte (Jud 1,1-25) Jakobus - Ein Bruder Judas; bekannter Leiter der Gemeinde in Jerusalem und Verfasser des Jakobusbriefes (Jud 1,1)

Hintergrund und Umfeld

Judas lebte zu einer Zeit, als das Christentum unter schweren politischen Angriffen seitens Roms litt sowie unter aggressiven geistlichen Infiltrationen von gnostischen Abgefallenen und Libertinern. Diese verbreiteten so viel Saat des Irrtums, dass eine gigantische Ernte lehrmäßiger Verirrung die Folge war. Es kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, an wen sich Judas Brief genau wandte; die Indizien deuten jedoch auf eine Leserschaft jüdischer Prägung hin. Zweifelsohne wandte er sich an eine Gegend, die unter dem Beschuss falscher Lehrer stand. Zurzeit, da Judas seinen Brief verfasste, waren abgesehen von Johannes, der bis Ende des 1. Jahrhunderts lebte, alle anderen Apostel vermutlich bereits den Märtyrertod gestorben. Daher wurde das Christentum für schwer angeschlagen und leicht verletzbar gehalten. Deshalb rief Judas die Gemeinde auf, inmitten dieses wütenden geistlichen Krieges für die Wahrheit zu kämpfen.

Schlüssellehren

Abfall - Abtrünnigkeit vom wahren, biblischen Glauben (Jud 1,3-4.8.10.16-19; 2. Thes 2,10; Hebr 10,29; 2. Petr 2,1-22; 1. Joh 2,18-23)

Gottes Wesen

Gott ist herrlich (Jud 1,24.25)
Gott ist gnädig (Jud 1,4)
Gott ist ein Richter (Jud 1,5.6.14.15)
Gott ist der Herr (Jud 1,4)
Gott ist Liebe (Jud 1,1-3.21)
Gott ist weise (Jud 1,25)

Christus

Judas eröffnet seine Offensive, indem er sich zuerst an die Gläubigen wendet: „Judas, Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus, an die Berufenen, die durch Gott, den Vater, geheiligt und in Jesus Christus bewahrt sind“ (Jud 1,1). Im Gegensatz zu den verurteilten Abgefallenen bewahrt Christus die Gläubigen für das ewige Leben. Judas beendet seinen Brief mit mutmachenden Worten an die Gläubigen und einem Verweis auf die Macht Christi. Er verkündet Jesus als den, „der mächtig genug ist, euch ohne Straucheln zu bewahren und euch unsträflich, mit Freuden vor das Angesicht seiner Herrlichkeit zu stellen“ (Jud 1,24).

Gliederung

Der sehnliche Wunsch von Judas (Jud 1,1.2)
Die Kriegserklärung gegen die Abtrünnigen (Jud 1,3.4)
Die verdammungswürdigen Früchte der Abtrünnigen (Jud 1,5-7)
Die Anklage gegen die Abtrünnigen (Jud 1,8-16)
Die Verteidigung gegen die Abtrünnigen (Jud 1,17-23)
Die Doxologie des Judas (Jud 1,24.25)

Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Erde …

Vespasian zieht triumphierend in Rom ein und wird vom Senat als neuer Kaiser anerkannt.

Häufig auftauchende Fragen

1. Judas zitiert in seinem Brief außerbiblische Quellen. Kommt diesen Büchern dadurch eine besondere Bedeutung zu?

Judas zitiert hauptsächlich zwei außerbiblische Bücher: Henoch (Jud 1,14) und die Himmelfahrt Moses (Jud 1,9). Die Verfasser dieser Bücher sind unbekannt. Judas verweist auf sie, um seine Aussage zu untermauern und sie zu veranschaulichen.
Christen gingen davon aus, dass Judas unter Leitung des Heiligen Geistes schrieb (Inspiration; vgl. 2. Tim 3,16; 2. Petr 1,20-21) und nur Material, dessen Echtheit bestätigt war, mit einfließen ließ. Er benutzte diese außerbiblischen Quellen sehr selektiv und maß ihnen keine spezielle Autorität zu. Auch Paulus zitierte oder verwies z. T. auf nicht-biblische Autoren (Apg 17,28; 1Kor 15,33; Tit 1,12).

2. Was meint Judas mit: „dem Glauben, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist“ (V. 3)?

Judas bezieht sich auf die Gesamtheit der offenbarten Heilswahrheit in der Bibel (vgl. Gal 1,23; Eph 4,5.13; Phil 1,27; 1. Tim 4,1). Judas ruft dazu auf (Jud 1,20), die gesunde Lehre zu kennen (Eph 4,14; Kol 3,16: 1. Petr 2,2; 1. Joh 2,12-14), sorgfältig Wahrheit von Irrtum zu unterscheiden (1. Thes 5,20-22) und bereit zu sein, Irrtümer aufzuzeigen und zu bekämpfen (s. Anm. zu 2. Kor 10,3-5; Phil 1,17.27; 1. Tim 1,18; 6,12; 2. Tim 1,13; 4,7.8; Tit 1,13).
Gottes Wahrheit ist seit Vollendung der Bibel ein für allemal überliefert und darf weder durch Zufügungen noch durch Auslassungen verändert werden (vgl. 5. Mo 4,2; 13,1; Spr 30,6; Offb 22,18.19). Die Bibel ist vollständig, allgenugsam und vollendet und steht daher für alle Zeiten fest. Dem inspirierten Kanon darf nichts zugefügt werden (s. Anm. zu 2. Tim 3,16.17; 2. Petr 1,19-21), weil nichts anderes notwendig ist.

3. Warum werden die letzten Verse des Judasbriefs „Doxologie“ (Lobpreis) genannt?

Der Begriff „Doxologie“ kommt in der Bibel nicht vor. Es ist ein Begriff der Antike, der einen speziellen Lobpreis Gottes beschreibt. Das gr. Wort setzt sich zusammen aus griechischen doxa wörtlich „Herrlichkeit“ und griechisch logos wörtlich „Wort“. Die abschließenden Worte des Judasbriefes bilden einen absoluten Höhepunkt hinsichtlich des Lobpreises Gottes und stehen ähnlichen Passagen / Doxologien im NT in nichts nach (Röm 11,33-36; 16,25-27; 2. Kor 13,14; Hebr 13,20.21)
Judas Doxologie bezieht auch die Christen mit ein und offenbart ihnen, dass Gott Dinge für sie tun kann, die sonst niemandem möglich sind. Damit kehrt er zurück zum Thema des Heils, das er zu Beginn zu entfalten gewünscht hatte (vgl. Jud 1, 3) und stärkt damit den Mut der Gläubigen und versichert ihnen, dass Christus sie vor dem zunehmenden Abfall bewahren wird.

Kurzstudium

  • Wie beschreibt Judas sich selbst in Beziehung zu seinem Bruder Jakobus und seinem Halbbruder Jesus? Warum ist das so wichtig?
  • Anhand welcher biblischen Personen und Begebenheiten warnt Judas seine Leser?
  • Wie beschreibt er die Irrlehrer? Was sind ihre Erkennungsmerkmale?
  • Was bedeutet der Begriff „Abfall“ und was charakterisiert einen „Abgefallenen“?
  • Welchen Aspekt deiner Beziehung zu Gott durch Christus wird durch Judas’ Doxologie (Jud 1,24-25) besonders hervorgehoben? Wo fühlst du dich persönlich angesprochen?

Impressum

John F. MacArthur
 1. Auflage 2003
© 2001 by John MacArthur
Originaltitel: The MacArthur Quick Reference Guide To The Bible
Nelson / Word Publishing Group, Nashville
© der deutschen Ausgabe 2003
by CLV • Christliche Literatur-Verbreitung
Postfach 11 01 35 • 33661 Bielefeld
Internet: www.clv.de 
Übersetzung: Martin Manten, Berlin
Lektorat: Claudia Kreutzer und Gabi Manten
Satz: CLV
Umschlag: Dieter Otten, Gummersbach
Druck und Bindung: Ebner & Spiegel, Ulm
ISBN: 3-89397-644-2

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist