Die Entstehung der Quellenscheidungstheorie

 

Schon seit ältester Zeit gilt Mose bei Juden und Christen als der Verfasser des Pentateuchs (5 Bücher Mose). Zwar gab es auch früher hin und wieder vereinzelte Zweifel an der Verfasserschaft des Mose, doch erst im 18. Jahrhundert begann sich die Ablehnung Moses als Verfasser in der Theologie Bahn zu brechen. Diese Entwicklung folgte aus der Ablehnung des Offenbarungsgedankens im Zuge der Aufklärung (ca. 1650 - 1750).

Offenbarung heißt: Gott durchbricht die Grenzen unserer Wirklichkeit. Er stellt sich vor, er handelt und er bekundet seinen Willen (z.B. indem er Mose auf dem Sinai begegnet und die 10 Gebote diktierte oder indem er die biblischen Schreiber inspiriert). Die biblischen Schriften haben zum Inhalt wie Gott wirklich ist, wie er handelt und was sein Wille ist. Weil Gott den Schreibern begegnet, zu ihnen spricht und sie inspiriert sind auch präzise Voraussagen für die Zukunft (Prophetie) oder über die Vergangenheit (Urgeschichte) möglich.

Nachdem man in der Aufklärung auch die Religion unter die Herrschaft der “Vernunft” stellte, wurde diese Art göttlicher Offenbarung mehr und mehr abgelehnt. Man schloss alle übernatürlichen Faktoren (Heiliger Geist => Inspiration) bei der Entstehung der Bibel aus.

Für die bibelkritischen Theologen beinhaltet die Heilige Schrift nicht mehr primär, wie Gott sich uns Menschen vorstellt, sondern wie die Menschen sich Gott vorstellen, welche Auswirkungen das, was sie persönlich oder als Volk erleben, auf ihren Glauben, ihre Vorstellung von Gott und ihren Umgang mit Gott hat.

Man wollte den Inhalt jedes Buches im Alten Testamentes allein aus der Zeit und den Umständen seiner Entstehung (den politischen und sozialen Ereignissen, den herrschenden Vorstellungen in Israel bzw. den Nachbarvölkern) heraus “vernünftig” d.h. rational nachvollziehbar erklären.

Dem entsprechend wurden die einzelnen Bücher datiert und es wurde ihnen ein Verfasser zugewiesen, von dem man sich vorstellen konnte, dass er so etwas schreibt.

In den Mosebüchern ging man daran, dass überlieferte Werk als eine Komposition aus verschiedenen Quellen (oder Urkunden) anzusehen und diese einzelnen Quellen zu scheiden, d.h. Erzählstränge herauszufiltern und zu charakterisieren (= Quellenscheidungstheorie).


Für das sog. Königsgesetz in 5.Mose 17,14-20 sieht das z.B. so aus:

5. Mo 17,14-20: Wenn du in das Land kommst, das der HERR, dein Gott, dir gibt, und es besitzt und darin wohnst und sagst: Ich will einen König über mich setzen, wie alle Nationen, die rings um mich her sind!, so sollst du nur den König über dich setzen, den der HERR, dein Gott, erwählen wird; aus der Mitte deiner Brüder sollst du einen König über dich setzen; du sollst nicht einen fremden Mann über dich setzen, der nicht dein Bruder ist. Nur soll er sich nicht viele Pferde anschaffen und soll das Volk nicht nach Ägypten zurückführen, um sich viele Pferde anzuschaffen; denn der HERR hat euch gesagt: Ihr sollt fortan nicht wieder auf diesem Weg zurückkehren. Und er soll nicht viele Frauen haben, dass sein Herz sich nicht abwende; und Silber und Gold soll er sich nicht übermäßig anschaffen. Und es soll geschehen, wenn er auf dem Thron seines Königreichs sitzt, so soll er sich eine Abschrift dieses Gesetzes in ein Buch schreiben, aus <dem, was> vor den Priestern, den Leviten, <liegt>. Und es soll bei ihm sein, und er soll alle Tage seines Lebens darin lesen, damit er den HERRN, seinen Gott, fürchten lerne, um zu beachten alle Worte dieses Gesetzes und diese Satzungen, sie zu tun; damit sein Herz sich nicht über seine Brüder erhebe und damit er von dem Gebot weder zur Rechten noch zur Linken abweiche, damit er die Tage in seinem Königtum verlängere, er und seine Söhne, in der Mitte Israels.
 

Wenn man an Offenbarung glaubt, lässt sich dieses Gesetz dadurch erklären, dass Gott die Geschichte seines Volkes im Voraus vor Augen hatte und ihnen auch schon frühzeitig für die Zukunft sinnvolle Anweisungen gab, wie sie ihren Staat organisieren sollten. Für die bibelkritische Forschung dagegen gehört das Königsgesetz zum sog. Deuteronomisten (Quelle D). Man erklärt sein Zustandekommen aus den historischen Umständen: Der Deuteronomist schreibt erst ca. 650 v.Chr, also in einer Zeit, in der Israel bzw. Juda schon seit Jahrhunderten von Königen regiert wird. Weil sie dabei überwiegend schlechte Erfahrungen mit ihren Monarchen gemacht haben, werden Anweisungen verfasst, mit denen die Macht des Königs eingeschränkt werden soll. Um dieser Einschränkung (und den anderen in D enthaltenen Gesetzen) die nötige Autorität zu verleihen werden sie so verfasst, als ob Gott sie schon in der Wüste durch Mose angeordnet hätte.

Den ersten ernsthaften Versuch, den Pentateuch in verschiedene Quellen aufzuteilen, unternahm 1753 der französische Arzt Jean Astruc. Er nahm auf Grund der Verwendung der Gottesnamen zwei Autoren an: den Elohisten (E) und den Jahwisten (J). Daraus formulierte Johann Georg Eichhorn 1783 die ältere Urkundenhypothese, wobei seiner Meinung nach mit den Gottesnamen jeweils auch der literarische Stil wechselt.

Im Laufe des 19.Jh. wurde von verschiedenen Forschern innerhalb von E noch eine dritte Quelle “entdeckt”, die Priesterschrift (P). Dazu kam noch das Deuteronomium, dass als extra Quelle geführt wurde. Die Datierung und Reihenfolge der einzelnen Quellen wechselte im Laufe der Jahre mehrfach. So galt zunächst P als Grundschrift und damit als ältester Teil der Mosebücher. Später wurde jedoch “erkannt”, dass P die jüngste Quelle darstellt. In der Konzeption von Julius Wellhausen - der die Quellenscheidungshypothese 1876 in der klassischen Form formulierte - verbindet sich diese Theorie mit einer evolutionistischen[3] Sicht der Religionsgeschichte Israels. Danach hat sich der Glaube Israels im Laufe der Jahrhunderte aus primitiven polytheistischen Wurzeln immer höher entwickelt, über die Monolatrie (Verehrung nur eines Gottes, ohne andere zu leugnen) zum Monotheismus (es gibt nur einen Gott).

Die Quellen (Urkunden)

Quelle J - Jahwist

Herkunft: Südreich, um 950 v.Chr

Kennzeichen: bevorzugt “Jahwe” als Gottesnamen da es die älteste Quelle ist “primitiverer” Sprachgebrauch Gott wird anthropomorph (menschlich gestaltet) beschrieben (z.B.: “Und Jahwe stieg auf den Berg Sinai herab…” 2. Mo 19,20)

Quelle E - Elohist

Herkunft: Nordreich, um 800 v.Chr

Kennzeichen: bevorzugt “Elohim” als Gottesnamen

Quelle P - Priesterschrift

Herkunft: Babylonisches Exil, um 550 v.Chr

Kennzeichen: entstanden in Auseinandersetzung mit den religiösen Vorstellungen Babylons; Gott wird als der ganz jenseitige (transzendente) beschrieben

Quelle P - Deuteronomist

Herkunft: Nordreich, um 650 v.Chr

Kennzeichen: Es soll das Buch sein, das bei den Aufräumarbeiten im Tempel unter König Josia gefunden wurde und die sog. Josianische Reform einleitete (622 v.Chr) Schwerpunkt liegt auf der Kultzentralisation (Jerusalem als der Ort, in dem Gott angebetet werden soll)

Die einzelnen Quellen wurden dann von sog. Redaktoren (Red.) zusammengefügt. 

Zunächst J und E, später kam P dazu. Ob die Deuteronomisten die Endredaktion bildeten oder D schon vor P dazu kam, gilt kritischen Theologen als ungewiss.


Das könnte man grafisch ungefähr so darstellen:

quellen.jpg

Kriterien zur Unterscheidung der “Quellen”

Um die einzelnen Quellen voneinander abzugrenzen, wurden verschiedene Kriterien aufgestellt:

  1. unterschiedlicher Gebrauch der Gottesnamen
  2. Verschiedenheit in Sprache und Stil
  3. Widersprüche und auseinanderklaffende Sichtweisen
  4. Dubletten (Doppelungen) und Wiederholungen
  5. verbindende Kompositionselemente (um die Texte der angenommenen Quellen zu verbinden)

Mit Hilfe dieser Kriterien führt man z.B. den Schöpfungsbericht (1.Mose 1,1-2,25) auf zwei verschiedene Quellen zurück. Man spricht vom ersten und zweiten Schöpfungsbericht.

Der erste Teil (1,1-2,3 bzw. 4a) gilt als relativ junger Bericht, der zur Priesterschrift gehört.

Der zweite Abschnitt (2,4 bzw. 4b-25) dagegen sei eine alte Erzählung, die dem Jahwisten zugeschrieben wird.

1. Mose 1-2,4a

“Quelle P”

1. Mose 2,4b–25

“Quelle J”

Zu 1) Gottesname

·        Elohim

·        Jahwe-Elohim

Zu 2) Sprache/Stil

·        Feierlich-rhythmisch

·        7-Tage-Schema: vom Chaos zum Kosmos

·        Verb “schaffen” wird nur mit “Gott” als Subjekt verwendet

·        Einfache Sprache

·        Andere Reihenfolge: Mensch – Pflanze – Tiere – Frau

·        Verb “machen” – ein handwerklicher Ausdruck (wird als älter angenommen)

Zu 3) Widersprüche

auseinanderklaffende Sichtweisen

·        Theozentrisch (Gott im Mittelpunkt)

·        Verfasser hat das ganze Universum im Blick, das durch das gebietende Wort Gottes entsteht

·        mehr anthropozentrisch (Mensch im Mittelpunkt)

·        Verfasser hat den semitischen Ackerbauern im Blick (Konzentration auf Pflanzen, Bewässerung, Fruchtbarkeit)

Zu 4) Dubletten

Wiederholungen

·        Die Erschaffung der Welt und des Menschen wird zweimal erzählt und enthält unterschiedliche Einzelheiten.

 
Nach Meinung bibelkritischer Theologen sind die beiden Berichte nicht miteinander zu vereinbaren. Sie beinhalten jeweils eine eigene Sicht von Gott als dem Schöpfer:

Der priesterschriftliche Bericht (1.Mose 1-2,4a: “Quelle P”) sei im Exil in Abgrenzung zu babylonischen Schöpfungsmythen verfasst worden. Gott ist derjenige, dem das Meer als Ursprung des Chaos gehorcht und trockenes Land frei gibt. Sonne, Mond und Sterne werden von ihm an den Himmel gesetzt, sie stellen keine eigenen Gottheiten dar.

⇒ Gott ist der Gott für diejenigen, die in der Welthauptstadt Babylon mit anderen Religionen und Welterklärungsversuchen konfrontiert werden und deren Glaube sich dort bewähren muss.

Der jahwistische Bericht (1.Mose 2,4b–25: “Quelle J”) würde Gott als den beschreiben, der dem Menschen in der trockenen Steppe einen Lebensraum schafft, der einen Garten pflanzt und den Boden bewässert.

Gott ist der Gott des einfachen Ackerbauern und Viehzüchters, der Tag für Tag den Boden bearbeitet und Sorge um die ausreichende Bewässerung hat.

⇒ Gott ist der Gott des einfachen Ackerbauern und Viehzüchters, der Tag für Tag den Boden bearbeitet und Sorge um die ausreichende Bewässerung hat.

Argumente, die diese Kriterien entkräften

    Die unterschiedliche Gottesnamen

  1. Elohim = alles umfassender Name Gottes
  2. Jahwe = der persönliche Gott im Verhältnis zu seinem Volk und zum einzelnen Menschen

Es ist nicht außergewöhnlich, dass Gott unterschiedlich angesprochen oder bezeichnet wird. Das findet sich in der gesamten Bibel. Der Zusammenhang entscheidet jeweils, welcher Gottesname verwendet wird.

Außerdem: Wenn man die Pentateuch-Texte nach dem Gebrauch der Gottesamen auf verschiedene Quellen aufteilt, kommt es zu Unstimmigkeiten. So taucht im J zugeschriebenen Abschnitt 1.Mose 3-4 “Elohim” auf (3,1b; 3,5; 4,25). In 1.Mose 15, dessen Beginn man dem Elohisten zuweist, ist von “Jahwe” die Rede. (Um diese Abweichungen zu erklären stellt man eine Hilfshypothese auf: Die Jahwe- bzw. Elohim- Schichten hätten sich nicht ganz in ihrer ursprünglichen Verschiedenheit erhalten.

Man sieht: Das System stimmt hinten und vorn nicht!


Beispiel Schöpfungsbericht:

In 1. Mose 1 geht es um Gott als den Schöpfer des gesamten Universums, deshalb ist die Bezeichnung “Elohim” angemessen.

Gott ist der, durch dessen Wort alles entstanden ist und erhalten wird.

In 1. Mose 2 wird ausführlich berichtet, wie Gott den Menschen schafft, wie er sich “Mühe gibt” (aus Staub formen), für den Menschen sorgt (Garten pflanzen) und wie er den Menschen anspricht und ihn in ein Verhältnis zu sich setzt (Gehorsam). Deshalb “Jahwe” - der persönliche Gott.

Möglicherweise soll der zusammengesetzte Name “Jahwe-Elohim” die Verbindung zu Kap.1 herstellen: Der allmächtige Gott, der das ganze Universum geschaffen hat ist zugleich der persönliche Gott, der sich um den Menschen kümmert.

   Verschiedenheit in Sprache und Stil

Auch Stilwechsel und Verschiedenheiten in der Sprache (Wortwahl) stehen immer in Zusammenhang mit dem berichteten Inhalt.

Die fünf Bücher Mose behandeln eine breite Palette unterschiedlicher Themen (Geschichtsschreibung, Gesetzestexte, Stammbäume, Prophetie usw.).

Es ist nicht ungewöhnlich, dass derselbe Autor seinen Schreibstil variiert, je nachdem was er zu Papier bringt.


Beispiel Schöpfungsbericht:

Die unterschiedlichen Themen in Teil 1 und 2 prägen natürlich auch die Ausdrucksweise. Dass es im zweiten Teil nicht mehr um ein “feierlich-rhythmisches 7-Tage-Schema” geht, ist logisch. Denn das ist ja mit 1. Mo 2,3 schon abgeschlossen. Jetzt geht es um das Detail Mensch. Es ist auch verständlich, dass für den Kosmos “schaffen” das passendere Wort ist, und für die Feinarbeit am Menschen “machen” besser passt.

 Widersprüche und auseinanderklaffende Sichtweisen

Widersprüche ergeben sich dann, wenn man den einen Akzent eines Textes absolut setzt und gegen einen anderen Akzent ausspielt. Wenn man z.B. Phil 2,13 liest, dann würden vermutlich manche auch von einem Widerspruch reden: “bewirkt euer Heil mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist es, der alles in euch wirkt...” Können wir unser Heil bewirken? Nein, das macht Gott! Aber warum steht es dann da? Weil beides nötig ist (und das wissen wir auch): Ich muss wollen, Gott bewirkt es. Menschliches und göttliches Handeln schließen sich nie gegenseitig aus. Das ist kein Widerspruch, auch wenn unsere Logik irgendwo nicht mehr mitkommt!


Beispiel Schöpfungsbericht:

Weil es im ersten Teil des Berichtes um Gottes souveränes Schöpfungshandeln geht und im zweiten Teil (ab 1.Mose 2,4) um die Erschaffung und die Aufgaben des Menschen, ist logisch, dass Teil 1 “theozentrisch” und das es in Teil 2 mehr um den Menschen geht.

Im Übrigen entspricht es in keiner Weise den Tatsachen, dass Kap. 2 “anthropozentrisch” wäre: An fast allen Stellen ist Gott der Handelnde! Während Gott die Frau entstehen lässt, pennt der Mensch. Der Begriff “anthropozentrisch” ist wohl ziemlich neben der Mütze, oder?

 Dubletten und Wiederholungen

Begebenheiten, die zweimal erzählt werden, können auch wirklich zweimal stattgefunden haben (z.B. Hagars Flucht 1.Mose 16 und 21, Abrahams Feigheit 1.Mose 12,10-20 und Kap 20).

Wenn wirklich ein und dieselbe Begebenheit mehrfach berichtet wird, dann entspricht das der semitischen Erzählweise, bei der zunächst eine generelle Darstellung gegeben wird und danach ausführlich auf das Zentrum des Geschehens eingegangen wird.


Beispiel Schöpfungsbericht:

Wir gehen davon aus, dass Teil 1 und 2 keine Dubletten sind und begründen diese Sicht mit der toledot - Struktur (3.5).

In 1. Mose 1 wird die generelle Darstellung der Schöpfung wiedergegeben. Im 2. Kapitel wird dann speziell auf den Menschen und seine Umgebung beschrieben.

 verbindende Kompositionselemente

Der Pentateuch ist kein Roman, der am Stück geschrieben wurde. Es wird immer wieder berichtet, dass Mose Begebenheiten aufschrieb.

2. Mo 17,14: Und der HERR sprach zu Mose: Schreibe dies zum Gedächtnis in ein Buch, und lege in die Ohren Josuas, dass ich das Gedächtnis Amaleks ganz und gar unter dem Himmel austilgen werde.
 
2. Mo 24,3: Und Mose kam und berichtete dem Volk alle Worte des HERRN und alle Rechte; und das ganze Volk antwortete mit einer Stimme und sprach: Alle Worte, die der HERR geredet hat, wollen wir tun.
 
2. Mo 34,27: Und der HERR sprach zu Mose: Schreibe dir diese Worte auf; denn entsprechend diesen Worten habe ich mit dir und mit Israel einen Bund geschlossen.
 
4. Mo 33,2: Und Mose schrieb ihre Auszüge auf, nach ihren Zügen, nach dem Befehl des HERRN; und dies sind ihre Züge, nach ihren Auszügen:
 
5. Mo 31,24: Und es geschah, als Mose vollendet hatte, die Worte dieses Gesetzes in ein Buch zu schreiben bis zu ihrem Schluss,
 

So wuchs das Werk nach und nach. Erkennbare Nahtstellen zwischen den verschiedenen Abschnitten sind also nicht ungewöhnlich.

Es sei noch bemerkt, dass über die Zuordnung der Pentateuch-Texte zu den einzelnen Quellen unter den Forschern keineswegs Einigkeit besteht und das neben den vier Hauptquellen im Laufe der Jahre noch zahlreiche weitere Quellen in den Mosebüchern “entdeckt” wurden.

Im Blick auf den Schöpfungsbericht gibt es zu diesem Argument unserer Meinung nach nicht viel zu sagen. Kompositionselemente wird man nur “finden”, wenn man nach Quellen sucht. Wer den Text so zu verstehen versucht, wie er ist, dem werden keine “Kompositionselemente” auffallen.

 Die toledot - Struktur der Genesis

Das schlagende Argument gegen jedes Zerpflücken des Schöpfungsberichtes in Quellen liefert die außerordentlich klare Struktur des ersten Buches Mose, die sich durch das ganze Buch zieht.

Im Aufbau von 1. Mose folgen auf den ersten Teil des Schöpfungsberichtes (1,1-2,3) zehn Abschnitte, die jeweils mit dem hebräischen Wort “toledot” eingeleitet werden. Es sind zehn Etappen der Heilsgeschichte, in denen berichtet wird, wie Gott - nachdem er Himmel und Erde geschaffen hatte - mit den Menschen eine Geschichte beginnt und zielgerichtet verfolgt.

Beschrieben werden die “toledot” von:

  1. Himmel und Erde 2,4-4,26
  2. Adam 5,1-6,8
  3. Noah 6,9-9,29
  4. Noahs Söhne 10,1-11,9
  5. Sem 11,10–26
  6. Tharah 11,27-25,11
  7. Ismael 25,12–18
  8. Isaak 25,19-35,29
  9. Esau 36,1-37,1
  10. Jakob 37,2-50,26

Die immer wiederkehrende Wendung “dieses sind die toledot von...”

lässt sich übersetzen mit “dies sind die Zeugungen/Fortpflanzungen/Weiterentwicklungen...”.

Sie ist stets Überschrift über den folgenden Abschnitt und nicht Unterschrift des vorangegangenen!

In vielen Bibelübersetzungen wird diese Struktur nicht beachtet, was daran deutlich wird, dass fälschlicherweise in 1.Mose 2,4 zwischen Teil a und b ein Absatz oder gar eine Überschrift eingefügt wird.

Zudem wird “toledot” leider nur an dieser Stelle mit “Entstehungsgeschichte” (o. ä.) wiedergegeben. Man vergleiche (Revidierte Elberfelder Übersetzung):

1.Mose 2,4: “Dies ist die Entstehungsgeschichte der Himmel und der Erde, als sie geschaffen wurde. An dem Tag, als Gott der HERR, Erde und Himmel machte,... da...”

1.Mose 5,1: “Dies ist das Buch der Geschlechterfolge Adams. An dem Tag, als Gott Adam schuf, machte er ihn Gott ähnlich.”

1.Mose 6,9-10: “Dies ist die Geschlechterfolge Noahs: Noah war ein gerechter Mann... Und Noah zeugte drei Söhne...”

So wird der Leser, der des Hebräischen nicht mächtig ist und sich somit auf die deutsche Übersetzung verlassen muss, lediglich durch Fußnoten darauf aufmerksam gemacht, dass jeweils das Wort “toledot” im Grundtext steht. 
 
Man sollte also auch in 1.Mose 2,4 von “Weiterentwicklungen” reden, statt von “Entstehungsgeschichte”. Es wird erzählt, was aus Himmel und Erde weiter geworden ist, nicht noch einmal wie Himmel und Erde entstanden sind.
 

Es handelt sich hier also nicht um einen zweiten Schöpfungsbericht, dem eine andere Schöpfungsvorstellung zugrunde liegt als 1.Mose 1,1-2,3. Sondern es ist der Beginn der Geschichte Gottes mit den Menschen. Deshalb steht hier auch der Mensch im Vordergrund. Die anderen geschaffenen Werke (Pflanzen, Tiere) werden folglich in ihrer Beziehung zum Menschen erwähnt. Dem entspricht auch die Gottesbezeichnung “Jahwe” bzw. “Jahwe-Elohim”.


Fazit für den Schöpfungsbericht:

Es gibt nur einen Schöpfungsbericht. Bis 1.Mose 2,3 wird die Schöpfung als ganze beschrieben. Ab Kap 2,4 wird die Lupe auf den Menschen und sein Umfeld gehalten.

Das entspricht auch dem typisch hebräischen nachholenden Erzählstil:

Eine Sache wird erst einmal grob zu Ende gebracht. Dann geht man auf Details ein.

Was ist unsere Antwort auf Quellenscheidung?

“Das Wort sie sollen lassen stahn.” (Luther; Ein feste Burg ist unser Gott).

Gottes Wort hat Top-Qualität. Deshalb setzt es sich durch!

[8] Und der HERR sprach zu Mose: Schreibe dir diese Worte auf! Denn nach diesen Worten schließe ich mit dir und mit Israel einen Bund.

[9] Und Mose schrieb ihre Aufbruchsorte auf nach ihren Lagerplätzen nach dem Befehl des HERRN; und das sind ihre Lagerplätze nach ihren Aufbruchsorten:

[10] Und es geschah, als Mose <damit> fertig war, die Worte dieses Gesetzes vollständig in ein Buch zu schreiben,

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist