Der zweite Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher - Trost, Zurechtweisung und Konfrontation


Im zweiten Thessalonicherbrief lernen wir, dass die bevorstehende Wiederkunft Christi keine Entschuldigung für Selbstzufriedenheit ist.
Mangel an Ausdauer kann Paulus gewiss nicht vorgeworfen werden. Wenn einer seiner Briefe nicht das erwünschte Ergebnis bewirkte, dann schrieb er einfach einen weiteren. Den Thessalonichern schrieb er z.B. innerhalb sehr kurzer Zeit zwei Briefe. Seine Absicht blieb unverändert. Er wollte die Gläubigen ermutigen. Ihr konstanter Bedarf an Ermutigung wurde durch Paulus’ beharrlichen Dienst bestens abgedeckt. Die zwei passten gut zusammen.

Autor und Abfassungszeit

Verfasst von Paulus gegen Ende 51 n. Chr. oder Anfang 52 n. Chr. Paulus nennt sich wie im 1. Thessalonicherbrief zweimal als Autor dieses Briefes (2. Thess 1,1; 3,17). Indizien aus dem Inhalt des Briefes sowie der Wortschatz, der Stil und der lehrmäßige Inhalt bestätigen eindeutig, dass Paulus als einziger Autor in Frage kommt.
Er schrieb diesen Brief sicherlich einige Monate nach dem ersten Brief an die Thessalonicher, als er noch mit Silas und Timotheus in Korinth war (2. Thess 1,1; Apg 18,5), d.h. Ende des Jahres 51 oder Anfang 52 n. Chr. (s. 1. Thessalonicher: Autor und Abfassungszeit).

Schlüsselpersonen

  • Paulus - wies die Thessalonicher an, wie man eine gesunde Gemeinde und wirkungsvolles Zeugnis aufrechterhalten kann (2. Thess 1,1 - 3,18)
  • Silas - Missionar und Reisebegleiter von Paulus (2. Thess 1,1)
  • Timotheus - Missionar und Reisebegleiter von Paulus (2. Thess 1,1)

Hintergrund und Umfeld

Zur Geschichte der Stadt Thessalonich siehe erster Thessalonicherbrief: Hintergrund und Umfeld. Einige Gelehrte meinen, Paulus habe diesen Brief in Ephesus geschrieben (Apg 18,18-21), doch da er 18 Monate in Korinth verbrachte, hatte er ausreichend lange Zeit, um von dort aus beide Thessalonicherbriefe zu schreiben (Apg 18,11).
Offenbar konnte Paulus das weitere Geschehen in Thessalonich anhand von Briefen bzw. Boten weiter mit verfolgen und beurteilen. Vielleicht berichtete der Überbringer des ersten Briefes Paulus den neusten Stand der Dinge innerhalb der Gemeinde, die weiter reifte und wuchs (2. Thess 1,3), aber auch unter vermehrtem Druck und gesteigerter Verfolgung stand. Der Same einer falschen Lehre über „den Tag des Herrn“ war ausgestreut worden und einige Gläubige lebten unordentlich.
Paulus schrieb also an Gläubige in folgendem Zustand:
  1. Einige waren entmutigt aufgrund von Verfolgung und brauchten Ansporn, um auszuharren;
  2. einige waren von Irrlehrern verführt, die sie in Verwirrung über die Wiederkunft des Herrn brachten; und
  3. einige waren ungehorsam gegenüber Gottes Geboten, insbesondere weil sie sich weigerten zu arbeiten.
Diese drei Bereiche sprach Paulus in seinem Brief an und bot damit:
  1. Trost für die verfolgten Gläubigen (2. Thess 1,3-12);
  2. Korrektur für die falsch belehrten und verängstigten Gläubigen (2. Thess 2,1-15); und
  3. Zurechtweisung für die ungehorsamen und undisziplinierten Gläubigen (2. Thess 3,6-15).

Schlüssellehren

Gemeindezucht - klare Richtlinien und ein verbindlicher Maßstab in Bezug auf einen gottesfürchtigen Wandel sind absolut notwendig für die Gesundheit einer Gemeinde (2. Thess 3,6-15; Mt 18,15-20; 1. Kor 5,1-13; Gal 6,1-5; 1. Tim 5,19.20)
Ewiger Lohn und Vergeltung - jeder Mensch wird nach seinem Tod entweder in die ewige Gegenwart Gottes eingehen (ewiger Lohn) oder für ewig von der Gegenwart Gottes getrennt sein (ewige Strafe) (2. Thess 1,5-12; Mt 8,12; 22,13; 25,30; Lk 16,24-26; Röm 2,7; 2. Kor 5,10; Kol 3,24; Hebr 11,6; Offb 20,14.15; 22,5)

Gottes Wesen

  • Gott ist gut (2. Thess 1,11)
  • Gott ist Liebe (2. Thess 2,16)
  • Gott ist gerecht (2. Thess 1,6)
  • Gott ist zornig (2. Thess 1,8)

Christus

In seinem zweiten Brief an die Thessalonicher spricht Paulus die Auswirkungen der Wiederkunft Christi an. Der erste Thessalonicherbrief betont die Tatsache der Wiederkunft Christi während der zweite Brief mehr Gewicht auf die Verherrlichung der Gläubigen und das Gericht über die Ungläubigen am Tag des Herrn legt (2. Thess 1,10.12; 2,8-12).

Schlüsselworte

Zerstörung: Griechisch olethros (2. Thess 1,9) - bedeutet nicht Vernichtung oder Austilgung im Sinne von „nicht mehr sein/existieren“, es spricht vielmehr vom Verlust all dessen, was gut und einem lieb und wertvoll ist. Im ersten Korintherbrief benutzt Paulus das Wort, um die unmittelbaren Konsequenzen der Sünde zu verdeutlichen (1. Kor 5,5), während im ersten Thessalonicherbrief (1. Thess 1,9) mit demselben Wort die ewigen Konsequenzen der Sünde beschrieben werden (siehe auch 1. Tim 6,9). Die Strafe für Sünde ist nicht Austilgung/Vernichtung, sondern ewiges Getrennt-Sein von der Liebe Christi. Die Gläubigen erwartet das ewige Leben, wer aber gegen Gott rebelliert, auf den warten nie endendes Leid und Schmerzen.
Der Gesetzlose: Griechisch ho anomos (2. Thess 2,8) - wortwörtlich „ohne Gesetz“, d.h. ein Mensch, der durch und durch rebellisch ist. Diese finstere und böse Figur wird auch „der Antichrist“ genannt (1. Joh 4,2-3) und „das Tier“ (Offb 13,1). Er bildet den absoluten Gegenpol zu Jesus Christus, der die Gerechtigkeit in Person ist. Schlussendlich wird der Böse aber vom souveränen Herrscher des Universums endgültig besiegt.

Gliederung

Gruß (2. Thess 1,1.2)

Trost in der Bedrängnis (2. Thess 1,3-12)

  • Durch Ermutigung (2. Thess 1,3.4)
  • Durch Ermahnung (2. Thess 1,5-12)

Korrektur für falsche prophetische Lehre (2. Thess 2,1-17)

  • Das prophetische Problem (2. Thess 2,1.2)
  • Die Korrektur durch den Apostel (2. Thess 2,3-12)
  • Der Trost durch den Hirten (2. Thess 2,13-17)

Anliegen für die Gemeinde (2. Thess 3,1-15)

  • Bezüglich Gebet (2. Thess 3,1-5)
  • Bezüglich eines undisziplinierten Lebensstils (2. Thess 3,6-15)

Schlusssegen (2. Thess 3,16-18)

Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Erde …

Unter der Führung von Claudius wird der Fucinosee, der im Herzen Italiens liegt, für landwirtschaftliche Zwecke trockengelegt.

Häufig auftauchende Fragen

1. Paulus gibt im zweiten Thessalonicherbrief einige weiterführende Erklärungen hinsichtlich des „Tages des Herrn“ (2. Thess 2,1-5). Welche?

Die Christen in Thessalonich lebten in einem permanenten Spannungsfeld. Einerseits erwarteten sie die Wiederkunft des Herrn und andererseits waren sie angehalten, hart für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten und ihr Leben in Hingabe an den Herrn zu führen. Dann waren da noch falsche Lehrer, die zusätzlich das Feuer der Verwirrung schürten. Einige lehrten nämlich, dass der „Tag des Herrn“ bereits gekommen sei. Diese Auffassung steht jedoch im krassen Widerspruch zur vorher erteilten Lehre des Paulus hinsichtlich der Entrückung. Diese Fehlinformation konnte aber deshalb so einflussreich und schädigend sein, weil behauptet wurde, sie stamme vom Apostel Paulus („angeblich von uns“). Wer auch immer es war, der den Thessalonichern weismachen wollte, der Tag des Herrn sei schon da - diese Lügner behaupteten, es sei eine Botschaft von Paulus, der sie gehört, verkündet und geschrieben habe. Damit verliehen sie ihrer Lüge eine angeblich apostolische Autorität und erzeugten Angst und Schrecken. Dieser Irrtum, der die Thessalonicher so sehr in Aufruhr versetzte, korrigierte Paulus in 2. Thessalonich 2,1-12. Dort zeigte er, dass dieser Tag noch nicht gekommen ist und nicht kommen kann, ehe nicht bestimmte Ereignisse eingetreten sind, insbesondere der „Mensch der Sünde“ die Weltbühne betreten hat (2. Thess 3).
In demselben Vers wird auch vom „Abfall“ gesprochen. Die Ausdrucksweise verweist nicht auf einen allgemeinen Glaubensabfall, den es immer gegeben hat und geben wird, sondern auf ein spezielles Ereignis. Paulus spricht von dem Abfall. Dieses Ereignis kann klar und deutlich identifiziert werden und ist einzigartig. Es ist der Höhepunkt der Rebellion, ein Ereignis ultimativen Ausmaßes. Der Schlüssel zum Identifizieren des Ereignisses besteht in der Identifikation der Hauptperson. Paulus macht das und nennt sie „Mensch der Sünde“. Einige Texte lesen „Mensch der Gesetzlosigkeit“, doch das macht keinen Unterschied, denn die Sünde ist die Gesetzlosigkeit (1. Joh 3,4). Dieser „Mensch der Sünde“ ist der „zukünftige Fürst“ (Dan 9,26) und das „kleine Horn“ (Dan 7,8). Johannes nennt ihn „das Tier“ (Offb 13,2-10.18) und am bekanntesten ist er unter dem Namen „der Antichrist“.
Paulus spricht hier von der eigentlichen Handlung des ultimativen Abfalls, die den letztendlichen Antichristen offenbart und den Beginn angibt für die Ereignisse, die den Tag des Herrn einleiten. Offenbar wird man ihn als Befürworter von Religion ansehen, sodass er vor dem Abfall nicht als Feind Gottes und Christi erscheint. Er erhöht sich selbst und widersetzt sich Gott, indem er in den Tempel einzieht, in den Ort der Anbetung Gottes. Er bezeichnet sich selbst als Gott und verlangt von der Welt, ihn anzubeten (Vers 4). Mit dieser satanischen Selbstvergötterung verübt er diesen großen Abfall und widersetzt sich Gott. Während der ersten dreieinhalb Jahre der Trübsalszeit unterhält er gute Beziehungen zu Israel, doch dann verwirft er es (vgl. Dan 9,27); und die zweiten dreieinhalb Jahre der großen Trübsalszeit sind unter seiner Herrschaft (vgl. Dan 7,25; 11,36-39; Mt 24,15-21; Offb 12,18 - 13,8), die im Tag des Herrn gipfelt.
Paulus versichert den Thessalonichern in diesem Abschnitt (2. Thess 2,1-5) wiederholte Male, dass es für sie keinen Anlass zu Besorgnis oder Angst gibt, denn sie hatten weder die Entrückung verpasst, noch befanden sie sich bereits in der Zeit, die „der Tag des Herrn“ genannt wird und Gericht bedeutet. Sie waren für die Herrlichkeit bestimmt, nicht fürs Gericht und sie gehörten auch nicht zu denen, die verführt waren und auf die das Gericht wartete.

2. Wie passen die Ausführungen Paulus’ bezüglich Gemeindezucht (2. Thess 3,6-15) in das Gesamtbild der Bibel zu diesem Thema?

Paulus spricht hier (2. Thess 3,6-15) einen ganz bestimmten Aspekt der Gemeindezucht an. Weitere hilfreiche Passagen zu diesem Thema findet man in Matthäus 18,15-20; 1. Korinther 5,1-13; Galater 6,1-5; 1. Timotheus 5,19.20.
In diesem Abschnitt finden wir spezifische Anweisungen, wie die Gemeinde mit einem gewohnheitsmäßigen Sünder verfahren soll, der dem Wort Gottes bewusst ungehorsam ist und nur von der Gemeinschaft der Gläubigen profitieren will, ohne sich dabei selbst in einer förderlichen Art und Weise mit einzubringen. Mit den Worten Paulus: „Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen“ (2. Thess 3,10). Es geht hier um Gläubige, die ihre Mitchristen wie Parasiten aussaugen und nur auf Kosten anderer leben. Paulus tadelte diesen Lebensstil bereits im ersten Thessalonicherbrief (2. Thess 4,11). Dieser Abschnitt spricht von einem nachdrücklichen Gebot, persönlicher Konfrontation und beinhaltet eine von Herzen kommende Warnung. Paulus fordert „Absonderung“, damit gehorsame Christen „keine Gemeinschaft“ mit gewohnheitsmäßig ungehorsamen Gläubigen haben. D.h. sie sollten keine Gesellschaft mit ihnen pflegen und nicht mit ihnen „durcheinander gehen“. Wenn sich auffallend ungehorsame Christen weigerten, dem Wort Gottes zu gehorchen, sollten sie aus der Gemeinschaft entfernt werden, um Beschämung (2. Thess 3,14) und somit hoffentlich Buße zu bewirken. Paulus befahl auch den Faulen, dass „sie mit stiller Arbeit ihr eigenes Brot verdienen“ sollten (2. Thess 3,12) und ließ ihnen keinen Raum für Entschuldigungen, da er ja gerade die ganze Gemeinde hinsichtlich Ungehorsam und dessen Konsequenzen, sprich „Gemeindezucht“, aufgeklärt hat.
Des Weiteren ertönen noch zwei eindringliche Warnrufe des Paulus in diesem Abschnitt.
  1. Er erinnerte die Thessalonicher, dass die wahrhaft Bedürftigen immer noch Hilfe brauchten und dass sie ihnen gegenüber nicht nachlässig werden durften (2. Thess 3,13).
  2. Ihr Entsagen der Gemeinschaft gegenüber einem sündigenden Gemeindeglied musste sich in angebrachten Grenzen halten. „Doch haltet ihn nicht für einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen Bruder“ (2. Thess 3,15). Gegen unbußfertige, systematische Sünde muss zwar entschieden vorgegangen werden, doch darf man nicht vergessen, dass der, mit dem man umgeht, ein Bruder im Herrn ist. Deshalb geschehen alle Warnungen an ihn wegen seiner Sünde in einer brüderlichen Haltung. Ziel ist es, ihn durch Gebet und Liebe wieder zu gewinnen, so dass die Gemeinschaft wieder hergestellt werden kann.

11. Kurzstudium

  • Inwiefern unterscheidet sich der zweite Thessalonicherbrief inhaltlich vom ersten?
  • Fertige eine kurze Auflistung der „letzen Ereignisse“, wie sie von Paulus beschrieben werden.
  • Welche Art von Hoffnung und Einstellung sollten Christen angesichts der bevorstehenden Wiederkunft Christi an den Tag legen?
  • Du bist Christ und die Bibel lehrt, dass du eventuell mit Verfolgung rechnen musst! Was für eine Einstellung hast du diesem Gedanken gegenüber?

Impressum

John F. MacArthur
1. Auflage 2003
© 2001 by John MacArthur
Originaltitel: The MacArthur Quick Reference Guide To The Bible
Nelson / Word Publishing Group, Nashville
© der deutschen Ausgabe 2003
by CLV • Christliche Literatur-Verbreitung
Postfach 11 01 35 • 33661 Bielefeld
Internet: www.clv.de 
Übersetzung: Martin Manten, Berlin
Lektorat: Claudia Kreutzer und Gabi Manten
Satz: CLV
Umschlag: Dieter Otten, Gummersbach
Druck und Bindung: Ebner & Spiegel, Ulm
ISBN: 3-89397-644-2 

Erklärung der Farben

im Bibeltext

Blau Handeln Gottes
Blau Rede Gottes
Rot Betrift mein Leben
Grün

Verheißung / Versprechen

Grün Verheißung / Versprechen
Braun wichtig
Beige wichtig
Türkis Jesus
Gelb Heiliger Geist